E-Voting: Blinde fühlen sich von Bundesrat im Stich gelassen
Der Bundesrat schiebt die Einführung von E-Voting weiter auf. Die Zeit sei noch nicht reif. Das ärgert Blinde und Sehbehinderte, für die es eine Chance wäre.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will E-Voting nicht gesetzlich als Stimmkanal festlegen.
- Neben Auslandschweizern ärgert dies auch Blinde und Sehbehinderte.
- «Wir fordern E-Voting», sagt der Schweizerische Blindenverband.
Für tausende Schweizerinnen und Schweizer ist die Welt dunkel und still. Über 200 Menschen sind taubblind geboren, die übrigen leiden aufgrund ihres Alters an starkem Seh- und Hörkraftverlust.
Am heutigen 27. Juni ist der internationale Tag der Taubblindheit. Dass das Thema medial wenig Aufmerksamkeit geniesst, ist kein Zufall. Sehen und hören ist für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit. Deshalb erstaunt es auch wenig, dass der Alltag stark auf diese Sinne ausgerichtet ist. Umso schwieriger für jene, welche sich anders zurechtfinden müssen.
Bundesrat legt E-Voting auf Eis
Wie der Zufall spielt, gab der Bundesrat heute bekannt, die Einführung des elektronischen Abstimmens weiter hinauszuzögern. Er will das Bundesgesetz über die politischen Rechte vorläufig nicht um den Stimmkanal E-Voting ergänzen.
Das freut die Kritiker. Das Nachsehen haben blinde und sehbehinderte Menschen. Denn: «Heute ist das Abstimmen und Wählen für Personen mit einer Sehbehinderung fast nur mit einer Assistenzperson möglich.» Das sagt Daniela Moser vom Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband SBV, sie ist selbst fast blind.
Der SBV habe selbst an der Vernehmlassung der Gesetzes-Revision teilgenommen. Für Moser ist klar: «Die Zugänglichkeit der online Kanäle für die elektronische Stimmabgabe muss geprüft und selbstverständlich gewährleistet sein.» Neben 10'000 Blinden schätzt der SBV, dass mindestens 325'000 Personen mit einer Sehbehinderung leben, Tendenz steigend.
Dank E-Voting selbstständig wählen
E-Voting fördere die Autonomie und die selbstbestimmte Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben. «Mit dem E-Voting wird das Tätigen von Abstimmungen und Wahlen erstmals für Menschen mit einer Sehbehinderung selbstständig möglich», erklärt Daniela Moser.
Sie gibt aber zu bedenken: «Auch Alternativen zum E-Voting müssen angeboten werden, da noch immer viele Personen mit einer Sehbehinderung im Umgang mit elektronischen Medien nicht ganz so geübt sind.» Der SBV bietet technischen Support an oder vermittelt an geeignete Stellen wie beispielsweise freiwillige Helfer oder andere Organisationen weiter.