Könnte die Schweiz bald zum neuen Bergamo werden?
Die stark steigenden Corona-Fallzahlen in der Schweiz nehmen auch unsere Nachbarländer wahr. Eine italienische Zeitung fragt sich, wie die Situation enden wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Die vielen Corona-Neuinfektionen werden auch von unseren Nachbarländern registriert.
- Eine italienische Tageszeitung vergleicht die Situation mit der im Bergamo im Frühling.
- Die italienischen Ärzte mussten damals entscheiden, wer noch behandelt wird und wer nicht.
Die Corona-Ansteckungen in der Schweiz nehmen in Windeseile zu. Am letzten Freitag meldete das BAG 6592 Neuinfektionen. Die Intensivstationen sind zu zwei Dritteln ausgelastet. Bei einem weiterhin ungebremsten Verlauf dauert es nicht mehr lange und sie werden voll sein.
Die rasant steigenden Zahlen werden auch von unseren Nachbarländern wahrgenommen. Die italienische Tageszeitung «La Stampa» vergleicht unsere Situation mit der in Bergamo vom vergangenen Frühling. Die Spitäler in Norditalien mussten damals Kranke abweisen.
«Die Entscheidungen, die die Schweizer Ärzte möglicherweise treffen müssen, sind die gleichen, wie sie die Ärzte in Bergamo getroffen haben.» So die Zeitung.
Dokument zur Ressourcenknappheit
«La Stampa» bezieht sich auf ein Schweizer Dokument der Gesellschaft für Intensivmedizin, welches im März 2020 erstellt wurde. Darin werden die Richtlinien zur «Triage bei intensivmedizinischen Behandlungen bei Ressourcenknappheit» geregelt. Offiziell ist die Regelung allerdings noch nicht verabschiedet.
Gemäss diesem Schreiben darf grundsätzlich das Alter bei der Behandlung von Covid-19 keine Rolle spielen. Trotzdem werden Menschen über 85 Jahren bei einer Ressourcenknappheit an Spitalbetten nicht mehr aufgenommen. Zudem werden Patienten über 75 Jahren nicht mehr aufgenommen, wenn sie an einem der folgenden Symptome leiden: Leberzirrhose, chronischem Nierenversagen oder Herzinsuffizienz.
Kein Arzt soll das entscheiden müssen
Ob es in der Schweiz zu einer solch dramatischen Situation kommen wird, ist unklar. Franco Denti, Präsident des Tessiner Ärztegesellschaft betont gegenüber der Tageszeitung, er hoffe, dass es zu keinem solchen Szenario kommen werde. «Die Entscheidung, wen man wiederbeleben soll und wen nicht, ist schwer, sehr schwer für jeden Arzt.»