Kunstfälscher soll in Wädenswiler Kirche malen
Der einstige Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi malt womöglich bald in einem Gotteshaus. Der Wädenswiler Pfarrer hat ihn für eine Zusammenarbeit angefragt.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi (67) wurde 2015 frühzeitig aus der Haft entlassen.
- Die katholische Kirchgemeinde Wädenswil ist an einer Zusammenarbeit interessiert.
- Beltracchi genauso. Die Gespräche laufen, noch ist aber kein Auftrag erfolgt.
Der Deutsche Wolfgang Beltracchi hat vor allem 2010 von sich reden gemacht: Über Jahre hinweg hat er Werke bekannter Künstler gefälscht und wurde zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seit seiner vorzeitigen Entlassung vor drei Jahren ist der 67-Jährige als Künstler mit eigener Handschrift tätig.
In der katholischen Kirche St. Marien in Wädenswil ZH sollen die Innenräume saniert werden. Beltracchi wurde angefragt, die Apsis – die Rundung im Chorraum – zu bemalen. Wie Pfarrer Markus Dettling gegenüber der «NZZ» bestätigte, seien er und Beltracchi im Gespräch. Ein Auftrag sei jedoch noch nicht erfolgt.
Dettling sei von einem Kollegen auf den deutschen Künstler aufmerksam geworden, habe anschliessend im Internet recherchiert und sei zum Entschluss gekommen, ihm «einfach Mal eine E-Mail zu schreiben». Nach einem Treffen sei klar gewesen, dass beide Seiten «sehr interessiert» seien.
Barmherzigkeit als oberstes Credo
Im Umfeld der Kirche habe der Gedanke an eine womögliche Zusammenarbeit mit einem verurteilten Straftäter Ängste und Bedenken ausgelöst. «Wir üben uns ja in Barmherzigkeit», erinnert der Pfarrer, wie es weiter heisst. Der monetäre Aspekt stellt ebenfalls eine Hürde dar: Steuerzahler werden neben der Sanierung kaum für die Kunst aufkommen. Dettlinger hoffe darauf, dass sich eine Mäzenin oder Mäzen finden lässt.
Dettlings grösste Bedenken gälten den künstlerischen Herausforderungen: «Ein grossformatiges Nass-auf-nass-Fresko ist etwas anderes, als ein Porträt in Öl zu malen.» Beltracchi ist in dieser Hinsicht jedoch nicht unerfahren: So habe er schon als Kind seinem Vater, einem ehemaligen Kirchenmaler, nach der Schule bei der Arbeit ausgeholfen. Noch heute setze er sich gerne mit der Religion und dem Glauben auseinander.
Über das Bildmotiv haben die beiden Männer noch nicht entschieden: Der Pfarrer wünsche sich ein geradliniges und zeitgemässes Fresko, das die Bildsprache der Romaniker aufnehme. Der Künstler habe ein Gemälde in leuchtenden Farben, das vom Alten ins Neue Testament und in eine moderne Kirche führe, vor Augen.