Nach Ferien: Paartherapeuten werden wegen Zoff überrannt

Unterschiedliche Vorstellung, Stress beim Packen und dann noch die Kids: Ferien werden für Paare zur Zerreisprobe. Viele suchen danach die Paartherapie auf.

Ferien bieten für Paare ordentlich Zoffpotenzial. - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Paartherapeuten verzeichnen nach den Ferien jeweils einen Anstieg an Anfragen.
  • Ferien können bei unrealistischen Erwartungen zu Konflikten führen.
  • Experten raten: Zeit für sich alleine nehmen, kann die Beziehung in den Ferien entlasten.

Ferien sind da zur Erholung. Doch wer mit der Partnerin oder dem Partner verreist, weiss: Auch ohne Alltagsstress kann es zu hitzigen Situationen kommen. Mehr noch: Ferien bieten ordentlich Zoff-Potenzial.

Paartherapeuten bestätigen gegenüber Nau.ch, dass sie nach der Ferienzeit die Anfragen von Paaren in die Höhe schnellen.

«Während der Ferienzeit selbst machen wir die Erfahrung, dass es weniger Anmeldungen gibt. Zumal ja viele verreist sind», sagt die Paarberaterin Noëmi Ruther von der Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich. «Die Anmeldungen kommen dann eher nach den Ferien.»

Zwar kenne sie keine Statistik zum Ferien-Zoff. «Die Ferienzeit ist aber sicher anfällig für Konflikte», so Ruther.

Ferien mit Kindern «alles andere als stressfrei»

Grundsätzlich gebe es beides: «Paare, die berichten, dass sie es gerade in den Ferien besonders gut miteinander haben. Wenn Alltagsstress und Belastungen wegfallen und sie Zeit füreinander haben», so die Paarberaterin.

Umfrage

Hattest du schon einmal Pärli-Zoff in den Ferien?

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«Andere Paare wollen zwar auch gemeinsame Ferien verbringen, erleben diese aber als konfliktanfällig. Die gewohnten Strukturen fallen weg, man ist immer zusammen, unterschiedliche Bedürfnisse prallen aufeinander.»

Und besonders mit Kindern sind Ferien für viele alles andere als stressfrei und können zu Spannungen zwischen den Eltern beitragen.

Denn: «Es muss viel gepackt werden, die Reise muss bewältigt werden, die Kinder müssen sich an die neue Situation gewöhnen.»

«Unrealistische Erwartungen» führen zu Streit

Diese unterschiedlichen Erfahrungen kann auch der Berner Paartherapeut Klaus Heer bestätigen. «Wer nicht als Paar, sondern als Elternpaar in die Ferien verreist, den kann es wirklich sehr hart treffen. Unerfahrene Paare unterschätzen nämlich leicht den Unterschied zwischen den beiden Ferien-Formen.»

Der Hauptgrund für Streits? «Die wichtigste Falle sind die unrealistischen Erwartungen, die beide Partner an die Ferienzeit knüpfen.» Diese seien bei oft viel unterschiedlicher als bewusst. «Nicht einmal die unerfreulichen Erfahrungen des letzten Urlaubs vermögen das Paar dazu verlocken, gemeinsam nach Alternativen zu suchen.»

Noëmi Ruther bestätigt, dass «insbesondere unterschiedliche und oft unausgesprochene Erwartungen und Bedürfnisse» zu Konflikten führen. «So braucht eine Partnerin oder ein Partner vielleicht Rückzug, Ruhe und möglichst wenig Programm. Während die andere Partnerin oder der andere Partner Lust auf Inspiration, Austausch und neue Impulse hat.»

Zeit für sich nehmen hilft

Oft komme es daher bereits bei der Wahl der Feriendestination oder dann später beim Gestalten des Ferienprogramms zu Konflikten. «Hier kann es hilfreich sein, sich schon vor den Ferien selbst zu fragen, was man für Erwartungen und Vorstellungen hat. Und sich dann mit der Partnerin oder dem Partner darüber auszutauschen.»

Eine mögliche Lösung: Dass man trotz Pärliferien einen halben Tag für sich alleine hat.

In den Ferien als Paar verreisen ist ideal, um die Beziehung aufzufrischen. - Depositphotos

Zu den unterschiedlichen Erwartungen komme aber hinzu: «Manchmal sind es vielleicht gar nicht konkrete Probleme oder Meinungsverschiedenheiten.» Wenn kurz vor den Ferien viel los war und viel gearbeitet wurde, könne das zu Ferienbeginn zu Reibereien führen.

«Wir können in der Regel nicht innerhalb von wenigen Stunden in einen Entspannungsmodus wechseln. Sondern wir brauchen Zeit, um runterzukommen und den Alltagsstress hinter uns zu lassen», erklärt Paarberaterin Ruther.

«Wenn wir gestresst und müde sind, kommunizieren wir schlechter und zeigen uns nicht immer von unserer besten Seite.»