Zoff wegen Coronavirus: Experte über Familien- und Paar-Konflikte
Das Coronavirus wirkt sich auf Beziehungen aus, wie eine Studie zeigt. Pandemie-Konflikte sind auch in der Paartherapie ein Thema, erzählt ein Psychologe.
Das Wichtigste in Kürze
- Einer Studie zufolge sorgt Corona für Streitereien in Familie, Beziehung und Freundschaft.
- Besonders Nicht-Impfwillige erleben deswegen oft Konflikte.
- Solche Zoffs kennt Psychologe Guy Bodenmann auch aus der Praxis.
Eine aktuelle SRG-Umfrage zeigt: Das Coronavirus stellt für viele Beziehungen eine Belastung dar. 62 Prozent der Befragten waren schon in pandemiebedingte Konflikte involviert, 26 Prozent haben deswegen gar Kontakte abgebrochen.
Bei Jüngeren polarisiert das Thema mehr als bei Älteren. Unterschiede zeigen sich auch bei der Einstellung zur Impfung – über drei Viertel der Nicht-Impfwilligen hatten schon Streit deswegen. Bei den Impfwilligen sind es «nur» 64 Prozent.
Psychologe: «Konflikte entzünden sich oft nur äusserlich an Corona»
Die Thematik schafft es auch bei Guy Bodenmann, Paartherapeut und Psychologe an der Universität Zürich, in die Praxis. Auf Anfrage von Nau.ch erklärt er: «Ähnlich wie bei unterschiedlichen politischen Meinungen spalten Befürwortung oder Ablehnung der Massnahmen die Geister.»
Paare, die eine Therapie aufsuchten, würden auch mal über Corona streiten, so der Experte. Sogar Trennungen oder Kontaktabbrüche zu Familienmitgliedern wegen Corona-Streitigkeiten sind dem Paartherapeuten schon zu Ohren gekommen.
Aber: «Das sind Einzelfälle, wie so häufig entzünden sich die Konflikte auch hier nur äusserlich an den Corona-Massnahmen. Es brechen alte Muster auf, frühere Verletzungen oder Erfahrungen von mangelnder Wertschätzung kommen hoch.»
Coronavirus: Experte rät, eigene Meinung niemandem aufzuzwingen
Auch wenn die Fetzen fliegen können – Bodenmann rät, Konflikte zum Coronavirus nicht unter den Teppich zu kehren. «Für viele Paare ist es wertvoll, wenn sie sich über ihre unterschiedlichen Meinungen und Überzeugungen austauschen.»
Daher habe die Tatsache, dass mehr gestritten wird, durchaus auch eine positive Seite. «Der Meinungsaustausch sollte allerdings nicht zum Machtkampf oder zur Spaltung im Paar oder der Familie führen.» Eine eigene Meinung zu vertreten sei gut – weniger förderlich sei es aber, diese anderen aufzwingen zu wollen.
Bei Konflikten geht es immer um drei Phasen, erklärt Bodenmann: Schlagabtausch, Zulassen der anderen Sichtweise und schliesslich um eine Konfliktlösung. «Letztlich ist es die Haltung, welche darüber entscheidet, ob der Konflikt zum Totengräber der Beziehung wird», schliesst der Paartherapeut.