Suizid-Kapsel: Amerikanerin soll in «fünf Minuten» tot gewesen sein

Zum ersten Mal ist die umstrittene Suizidkapsel «Sarco» zum Einsatz gekommen. Eine 64-jährige Frau nahm sich damit innert weniger Minuten das Leben.

Die Todeskapsel Sarco im Wald. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Suizidkapsel «Sarco» ist erstmalig zum Einsatz gekommen.
  • Im Kanton Schaffhausen ist ein assistierter Suizid durchgeführt worden.
  • Die dabei verstorbene Person ist eine 64-jährige Amerikanerin.
  • Ihr Tod erfolgte in wenigen Minuten – «friedlich, schnell und würdevoll», sagt ein Zeuge.

Die Suizidkapsel «Sarco» ist zum ersten Mal zum Einsatz gekommen. Im Kanton Schaffhausen ist am Montag bei einer Waldhütte ein assistierter Suizid durchgeführt worden. Dies bestätigte die Staatsanwaltschaft Schaffhausen.

Die Person in der Kapsel war eine 64-jährige Amerikanerin. Sie war eigens für ihren Freitod in die Schweiz gereist. Die Frau litt seit vielen Jahren an einer Reihe schwerwiegender Probleme im Zusammenhang mit einer schweren Immunschwäche.

Ihr Tod fand in einem privaten Waldstück unter freiem Himmel statt – unter einem Baldachin aus Bäumen. Das Ganze habe nur wenige Minuten gedauert, so Philip Nitschke, Erfinder des Geräts, gegenüber niederländischen Medien.

Frau drückte Knopf «fast sofort»

Die Kapsel ist so konzipiert, dass sie eine Person aufnimmt und diese dann einen Knopf drücken kann. Dadurch wird Stickstoffgas in die versiegelte Kammer eingeleitet. Dies führt zu Hypoxie und kurz darauf zum Tod.

Die Frau soll laut Nitschke «fast sofort den Knopf gedrückt» haben.

Danach ging alles sehr schnell. «Ich vermute, dass sie innerhalb von zwei Minuten das Bewusstsein verlor und nach fünf Minuten starb», sagt der Erfinder. Zu beobachten seien nur kleine Bewegungen ihrer Armmuskulatur gewesen.

Hier liegt Merishausen - Google Maps

Berichten zufolge ging ihr Leben um 16.01 Uhr zu Ende. Dies in Anwesenheit von Florian Willet, dem Leiter der Sterbehilfeorganisation The Last Resort. Er fungierte als Zeuge und bezeichnete das Ableben der Frau als «friedlich, schnell und würdevoll».

Die Frau hatte zuvor eine mündliche Erklärung abgegeben, in der sie ihren Wunsch zu sterben äusserte, berichtet «de Volksrant». In einer vierminütigen Aufnahme sagte sie, dass sie seit mindestens zwei Jahren einen Todeswunsch hegt.

Ihre beiden Söhne sollen mit der Entscheidung «vollkommen einverstanden» gewesen sein. Sie waren zu dem Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter nicht in der Schweiz – haben allerdings schriftlich Zustimmung gegeben.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen ist von einer Anwaltskanzlei über den Suizid orientiert worden.

Co-Präsident von The Last Resort festgenommen

In der Folge rückte die Schaffhauser Polizei und die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen an den Tatort aus. Zusätzlich wurden Spezialistinnen und Spezialisten des Forensischen Instituts Zürich (FOR) und des Instituts für Rechtsmedizin Zürich (IRMZ) aufgeboten.

Die Suizidkapsel Sarco wurde sichergestellt und die verstorbene Person zur Obduktion in das IRMZ gebracht. Weiter verhaftete die Polizei einen niederländischen Journalisten von der Zeitung «Volkskrant» und zwei Anwälte. Auch Florian Willet, der Co-Präsident von The Last Resort, wurde laut Sarco-Erfinder Philip Nitschke in Gewahrsam genommen.

Die Staatsanwaltschaft prüft zudem die Verletzung von weiteren Straftatbeständen.

Suizidkapsel «nicht rechtskonform»

Die Suizidkapsel Sarco ist nicht rechtskonform, und dies in zweierlei Hinsicht. Das sagte Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider am Montag in der Fragestunde des Nationalrates.

Die von Exit International entwickelte Sarco-Todeskapsel, mit der ein Euthanasiepatient innerhalb von Sekunden auf Knopfdruck sterben kann, wurde am 9. Juli 2024 auf einer Pressekonferenz der The Last Resort Association in den Resilient Studios in Zürich vorgestellt. - keystone/Ennio Leanza

Zum einen erfülle die Kapsel die Anforderungen des Produktesicherheitsrechts nicht, sagte Baume-Schneider. Sie dürfe daher nicht in Verkehr gebracht werden. Und zum anderen sei die Verwendung von Stickstoff in der Kapsel mit dem Zweckartikel des Chemikaliengesetzes nicht vereinbar.

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Gehe es um auf das Produktesicherheitsrecht gestützte Massnahmen, müsste die Zuständigkeit im Einzelfall geklärt werden, führte Baume-Schneider aus. Werde Stickstoff nicht entsprechend den Vorschriften verwendet, seien die Kantone zuständig.

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Unter der kostenlosen Hotline 143 erhältst du anonym und rund um die Uhr Hilfe. Die Berater können Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Auch eine Kontaktaufnahme über einen Einzelchat oder anonyme Beratung via E-Mail ist möglich.

Hilfe für Suizidbetroffene: www.trauernetz.ch