CO2-Pläne der EU sorgt für Aufruhr im Lastwagensektor

Klimaschutz oder Arbeitsplätze? Die EU-Pläne für den CO2-Ausstoss von Lastwagen sind ehrgeizig. Ein Spiel mit dem Schicksal Zehntausender Arbeitnehmer.

Die neuen CO2-Pläne der EU sorgen für Aufruhr bei Lastwagenherstellern. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die CO2-Pläne EU sehen eine schnelle Abgassenkung vor.
  • Lastwagenbauer fühlen sich überfordert und bangen um Arbeitsplätze.

Konzernvorstände und Betriebsräte schreiben Brandbriefe an die Politik und gehen gemeinsam auf die Barrikaden – das gibt es nicht alle Tage. Die Pläne der EU, den Spritverbrauch von Lastwagen per Verordnung um ein Drittel zu senken, sorgt in der Branche für helle Aufregung. «Mit einer solchen Entscheidung setzt die EU Zehntausende Jobs alleine in Deutschland aufs Spiel», warnt Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht.

Am Mittwoch entscheiden die Abgeordneten in Strassburg über den Vorschlag ihres Umweltausschusses, den CO2-Ausstoss von Lastwagen in den kommenden zwölf Jahren um weitere 35 Prozent zu senken. Bei Verstössen drohen ungewöhnlich hohe Strafzahlungen – so hoch, dass sie «selbst grosse Nutzfahrzeughersteller in ihrer Existenz bedrohen könnten», wie VDA-Autoverbandschef Bernhard Mattes in Berlin sagte.

Klimaschutz als höchstes Ziel

Den EU-Abgeordneten im Umweltausschuss und der EU-Kommission geht es jedoch erst einmal ums Klima. Der Vorschlag «macht die grossen Verschmutzer auf der Strasse für mehr Klimaschutz verantwortlich», erklärte der niederländische Grünen-Abgeordnete Bas Eickhout. Im Transportbereich steige der Ausstoss des klimaschädlichen CO2 weiter. Stimmt, sagt der europäische Autoherstellerverband Acea, in dem sich auch die Lkw-Hersteller Daimler, MAN, Scania, Volvo und Iveco organisiert haben: Der Lastverkehr wächst, das meiste davon rollt über die Strassen. Aber Lastwagen machten gerade mal 5 Prozent des CO2-Ausstosses insgesamt aus.

Und der einzelne Lastwagen fährt immer sparsamer. Die Spritkosten machen ein Drittel der Betriebskosten aus. Jeder Liter mehr geht vom Gewinn des Spediteurs ab. Deshalb sind sparsame und damit emissionsarme Lastwagen für die Spediteure wie für die Lkw-Hersteller ein klarer Wettbewerbsvorteil. Im Durchschnitt sank der Verbrauch jedes Jahr um gut ein Prozent – ein schwerer Sattelschlepper schafft heute 100 Kilometer mit 30 Liter Diesel.

Die Sorgen der Lastwagenbauer

Aber der EU geht das alles zu langsam voran. Soeben haben die EU-Staaten auf den Vorstoss von Kommission und Parlament hin die CO2-Werte für Autos bis 2030 um 35 Prozent gesenkt. Warum sollte das nicht auch bei Lastwagen möglich sein?

Anders als bei Autos sei ein Batterieantrieb für Fernlaster auf absehbare Zeit nicht marktfähig, sagte VDA-Chef Mattes. Tonnenschwere Akkus, lange Ladezeiten, notwendige Parkplätze und Ladesäulen – in der Branche sieht man noch viele Fragezeichen.

Bei Verstössen planen die EU-Politiker hohe Strafen. Schon bei einem Gramm Mehrausstoss kämen auf einen Hersteller mit 40'000 Lastwagen im Jahr 272 Millionen Euro (309 Millionen Franken) Strafe zu, rechnet ein Beteiligter vor. Existenzbedrohend, heisst es in der Branche unisono. «Das Ergebnis dieser Politik kann sein, dass die europäischen Hersteller vom Markt verschwinden», sagt MAN-Betriebsratschef Stimoniaris. In den Lkw- und Motorenwerken von MAN in München und Nürnberg, von Daimler in Wörth am Rhein, Mannheim und Stuttgart arbeiten gut 33'000 Menschen.

Wenn die Abgeordneten am Mittwochnachmittag entschieden haben, sind die Regierungen der EU-Staaten am Zug. Bei den Autos haben sie den Parlamentsvorschlag noch etwas abgemildert.