Zinswende auch in der Schweiz in Sicht
In anderen Ländern erhöhen die Zentralbanken zur Regulierung der Inflation die Leitzinsen. Auch in der Schweiz zeichnet sich mittlerweile eine Zinswende ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Um die Inflation einzudämmen, erhöhen Zentralbanken weltweit die Leitzinsen.
- EZB und SNB haben dies bisher noch nicht getan.
- Jedoch zeichnet sich auch hierzulande mittlerweile eine Wende in der Zinspolitik ab.
Die Zinswende steht auch hierzulande vor der Tür. Die Frage ist nur noch, wann die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zügel strafft.
Für diese Einschätzung haben nicht zuletzt auch SNB-Chef Thomas Jordan und Direktoriumsmitglied Andréa Maechler gesorgt. Beide haben deutlich gemacht, dass die Schweizerische Nationalbank bei einer anhaltend hohen Inflation die Zinsen erhöhen werde.
«Wir werden nicht zögern, unsere Geldpolitik zu straffen», betonte Maechler vor einigen Tagen in einem Interview mit dem Westschweizer Magazin «Bilan».
Sie schlug damit in die gleiche Kerbe wie Jordan, der nur wenige Tage zuvor erklärt hatte, die SNB sei nicht die Geisel anderer Zentralbanken. Man habe eine «autonome Politik mit Fokus auf die Preisstabilität», sagte Jordan.
Fed und andere erhöhen Zinsen
Tatsache ist, dass die Preise weltweit seit dem vergangenen Jahr immer weiter in die Höhe schiessen. Vor allem steigenden Energiekosten liessen die Inflation auch hierzulande im April auf den höchsten Stand seit 2008 steigen.
Die Schweiz fährt damit im internationalen Vergleich aber noch immer gut. In den USA oder auch der Eurozone liegen die Teuerungsraten auf dem höchsten Niveau seit mehreren Jahrzehnten.
Zahlreiche Zentralbanken wie beispielsweise das Fed in den USA haben denn auch bereits begonnen, die Zinsen zu erhöhen. Sie versuchen damit, den Preisauftrieb zu stoppen.
Die EZB zögert
Ähnlich zögerlich wie die SNB hatte sich bislang jedoch die Europäische Zentralbank gezeigt, wenn es um konkretere Angaben zum möglichen Ende der Negativzins-Ära ging. Doch auch dort zeichnet sich eine Zinswende ab. So könnte es im Juli zu einer ersten Zinsanhebung kommen. Ende des dritten Quartals könnten sie den negativen Bereich verlassen.
Das ergibt Spielraum für die SNB. Karsten Junius von der Bank J. Safra Sarasin spricht sich in diesem Umfeld sogar für eine emanzipiertere SNB aus. «Ich befürworte seit Monaten, dass sich die SNB unabhängig macht von der EZB und daher bereits im Juni die Zinsen erstmal anheben sollte», sagte er kürzlich in einem Interview mit AWP-Video.
Sollte die SNB vorpreschen, dürfte der Franken erst einmal aufwerten, da die Zinsdifferenz zum Euroraum damit kleiner würde. Sollte der Franken in diesem Fall zu stark aufwerten, könnte die SNB dann einfach wie bisher am Devisenmarkt intervenieren, heisst es in einem Kommentar der Valiant-Bank.
Meiste Experten erwarten, dass die SNB abwartet
Die Mehrzahl der Beobachter geht allerdings von einem anderen Szenario für die SNB aus. Zwar zeige der weltweite Zinstrend klar nach oben, meint auch Thoma Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank.
Allerdings sei der Handlungsdruck für die SNB verglichen mit demjenigen anderer Zentralbanken gering. Die SNB könne mit einer restriktiveren Geldpolitik noch zuwarten und die negative Zinsdifferenz zum Euroraum wieder grösser werden lassen, so der Experte.