Analyse Kandidatenliste: So viele Frauenkandidaturen wie noch nie

Christoph Krummenacher
Christoph Krummenacher

Bern,

Erstmals kandidieren mehr als 40 Prozent Frauen für den Nationalrat. In fast allen Kantonen und Wahllisten ist der Frauenanteil gestiegen, zeigt die Analyse.

Klimastreik Frauenstreik Gewerkschaften
Vorbild Frauenstreik: Die Klima-Bewegung will im Mai die gesamte Schweiz lahmlegen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Noch nie stellten sich so viele Frauen zur Wahl wie in diesem Jahr.
  • Für Feministinnen ist klar: Das Ziel muss eine 50/50-Verteilung sein.

Heute beträgt der Frauenanteil im Nationalrat ein knappes Drittel, im Ständerat sind es nur 13 Prozent. Umso erfreulicher, dass heuer so viele Frauen für die eidgenössichen Wahlen kandidieren wie noch nie. Erstmals stehen über 40 Prozent Frauen zur Wahl.

frauen wahlen 2019
Bei den Wahlen 2019 kandidieren so viele Frauen wie noch nie seit 1971. - BFS

In Zahlen: 1873 Frauen. Das sind 565 Frauen und 5,8 Prozentpunkte mehr als 2015. Im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2015 ist der Anteil der Kandidatinnen bei allen Parteien gestiegen. Ausnahme ist die BDP, die 1,2 Prozentpunkte verliert.

Grüne stellen am meisten Kandidatinnen

Politikwissenschaftler Werner Seitz hat im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen die Zahlen des Bundesamts für Statistik ausgewertet.

Am stärksten angestiegen ist demnach der Frauenanteil bei der GLP (+7,8 Punkte), der EVP (+6,9), der FDP (+6,6) und der CVP (+5,9) sowie bei den Grünen (+4,8). Bei der SP vergrösserte er sich um 4,1 Prozentpunkte, bei der SVP um 3,2 Punkte.

SP und die Grünen stellen indes mehr Frauen als Männer. Die Grünen haben über 55 Prozent Frauen auf ihren Listen, die SP 51 Prozent. Mit gut 22 Prozent ist der Anteil bei der SVP am tiefsten.

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Kandidierende Frauen und Männer nach Parteien. Die Grünen stellen mit 55,4% am meisten Kandidatinnen, vor der SP (51%) und der EVP (48%). - BFS

«Hohe Frauenanteile auf den Wahllisten bedeuten aber nicht, dass automatisch viele Frauen gewählt werden», so Seitz. «Sie sind vielmehr Ausdruck einer erhöhten Sensibilität gegenüber der Untervertretung der Frauen in der Politik.»

Der Politikwissenschaftler glaubt, dass der zweite nationale Frauenstreik sowie die Kampagne «Helvetia ruft», mit welcher der Frauendachverband alliance f und die Operation Libero Frauen zum Kandidieren aufriefen, dazu beigetragen haben.

In den Kantonen Zug, den Basler Kantonen und Thurgau ist der Anteil Frauen am höchsten. In Schaffhausen, St.Gallen und Schwyz am tiefsten. Im Durchschnitt stehen auf den Listen 40,3 Prozent Frauen und 59,7 Prozent Männer.

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Der Frauenanteil der Kandidierenden nach Kantonen. Am höchsten ist er in Zug mit 49,3%, am tiefsten in Schaffhausen mit 24,1%. - BFS

Seitz betont: «Auch wenn der Frauenanteil bei den Nationalratswahlen 2019 seinen Höchststand erreicht hat, sind die Kandidatinnen in allen Kantonen auf den Wahllisten in der Minderheit.»

«Zeit für halbe-halbe!»

Die Entwicklung freut Frauenorganisationen um alliance F und zeige, dass ihre Motivationskampagnen Früchte trügen. «Die Frauenorganisationen und die Parteien haben die Zeit seit den letzten nationalen Wahlen dazu genutzt, um die Untervertretung der Frauen zu thematisieren und Frauen für die Politik zu gewinnen», schreiben sie in einer Mitteilung.

An Kandidatinnen fehle es also nicht. «Jetzt gilt es, die Frauen auch zu wählen. Das Ziel ist halbe-halbe: ein Parlament, in dem Frauen und Männer gleichermassen vertreten sind.»

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