Initiative zu Neutralität soll Schweizer Sanktionen verhindern
Mit der Neutralitäts-Initiative will Christoph Blocher der Schweiz verbieten, Sanktionen zu ergreifen. «Die da oben» soll zu Neutralität stehen müssen.
Das Wichtigste in Kürze
- Christoph Blocher will mit der Neutralitäts-Initiative Schweizer Sanktionen verhindern.
- Sie werde den Bundesrat auch zwingen, Rückgrat zu zeigen.
- Die Unterschriftensammlung soll im Herbst beginnen.
Wie bisher soll sich die Schweiz aus militärischen Auseinandersetzungen anderer Staaten heraushalten müssen, neu aber auch keine Sanktionen ergreifen dürfen. Die Neutralitäts-Initiative des früheren SVP-Bundesrates Christoph Blocher will genau das bewirken.
Der Bundesrat breche die Neutralität, die die Schweiz 200 Jahre lang vor schrecklichem Kriegsgeschehen bewahrt habe. Das sagte Blocher in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem «Blick». Indem die Schweiz sich an Sanktionen gegen Russland beteilige, beteilige sie sich an Zwangsmassnahmen gegen eine Kriegspartei.
Die schweizerische Neutralität fordere das Gegenteil, sagte Blocher. Sei die Schweiz glaubwürdig neutral, könne sie eine besondere Stellung für den Weltfrieden einnehmen, sagte er. Dabei erinnerte er an das Treffen von US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin im Juni 2021 in Genf.
Blocher: Bundesrat missachtet Neutralität
Das Volk stehe hinter der Neutralität, und die Classe politique missachte sie, so Blocher. Die Neutralitäts-Initiative sorge dafür, dass «die da oben auch hinter der Neutralität stehen müssen und nicht willkürlich die Schweiz in den Krieg treiben können».
Die Initiative verlangt, dass sich die Schweiz wie bisher nicht mit militärischen Mitteln an Kriegen beteiligen darf. Aber ebenso wenig mit nicht-militärischen Zwangsmassnahmen. Blocher nannte dabei wirtschaftliche und personelle Sanktionen und «andere zivile Zwangsmassnahmen».
Blocher: Initiative stärkt Bundesrat den Rücken
Die Initiative stärke dem Bundesrat den Rücken. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine habe die Regierung zunächst entschieden, sich nicht an Sanktionen zu beteiligen.
Sie wollten aber auch deren Umgehung verhindern. Innert Tagen sei sie aber unter Druck eingebrochen. «Die Neutralitäts-Initiative zwingt den Bundesrat, Rückgrat zu zeigen.»
Wer im Initiativkomitee Einsitz nehmen wird, ist laut Blocher noch offen. Über die Zusammensetzung werde entschieden, wenn die Bundeskanzlei den Initiativtext geprüft habe. «Wir haben viele Namen», sagte er. Die Unterschriftensammlung solle im Herbst beginnen, ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen.
Neutralität und Sanktionen stehen seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine oben auf der politischen Agenda. Der Nationalrat beschloss im Juni einen Paradigmenwechsel in der Sanktionspolitik, gegen den Willen der SVP. Er will, dass der Bundesrat künftig eigenständig Sanktionen verhängen kann. Der Ständerat muss darüber noch befinden.
EDA arbeitet an aktualisiertem Neutralitätsbericht
Heute kann die Schweiz Sanktionen der Uno, der EU oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernehmen. Umgesetzt werden sie gestützt auf das Embargogesetz.
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Soll die Schweiz Sanktionen ergreifen dürfen?
Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) arbeitet zudem an einem aktualisierten Neutralitätsbericht. Es würden insbesondere die letzten dreissig Jahre aufgearbeitet und die Entscheide des Bundesrates zum Krieg in der Ukraine eingeordnet. Das sagte Aussenminister Ignazio Cassis im Juni im Parlament.
Ebenso werde erörtert, wie die Neutralität weiterentwickelt werden könne. «Die Neutralität ist kein starres Gebilde». Der Ständerat wünschte sich mit einem Postulat Überlegungen zu Waffenlieferungen, zur Nato und zum Handlungsspielraum für Sanktionen.