Künstliche Intelligenz für FDP-Wahlplakate: Alles kein Problem?

Die FDP hat für ein Anti-Klimakleber-Wahlplakat die Hilfe von künstlicher Intelligenz in Anspruch genommen. Ja, das darf man. Ein Kommentar.

Dieses neue FDP-Wahlplakat wurde von einer Agentur mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt. - FDP

Das Wichtigste in Kürze

  • Die FDP provoziert mit einem Wahlkampf-Plakat, das mithilfe von KI erstellt wurde.
  • Die Provokation gelingt, dabei sind Fake-Plakate bubi-einfach zu erstellen.
  • Den die Entrüstung hat grösstenteils wenig mit dem Thema zu tun. Ein Kommentar.

Es sind aufregende Zeiten, hinzu kommen auch noch die Wahlen im Herbst und damit wird die Aufregung umso aufgeregter. Die «künstliche Intelligenz» fasziniert und verängstigt zugleich, womit sie sich eigentlich bereits als Schweizer Partei bewerben könnte. Wenn nun die FDP für ein Wahlkampfsujet die künstliche Intelligenz zu Hilfe nimmt, sind die Mahnfinger vorprogrammiert. Aber immerhin erfolgt die Mahnfinger-Programmierung noch von Hand.

Intelligente Wahlpropaganda

Das Corpus delicti: Ein Bild, das Klimakleber zeigt, wie sie eine Ambulanz blockieren. Zusammengesetzt sowohl aus echten als auch von KI-generierten Bildern. Die Gefahr ist klar: Das Stimmvolk könnte getäuscht werden. Das wäre natürlich fast so undemokratisch wie das Versprechen, die Steuern zu senken und es dann doch nicht zu tun.

Das Wahlplakat der FDP, mit künstlicher Intelligenz erstellt und mit einem Warnhinweis oben rechts (vergrössert). - zvg

Die konkreten Bedenken sind interessanterweise nicht nur parteipolitisch gefärbt. So bemängelt sowohl Grüne wie auch FDP-interne Bedenkenträgerinnen, dass man die Mitwirkung von KI nicht schnallen könnte. Den Punkt können wir geben, insofern dieser denn überhaupt eine Rolle spielt. Ein klein wenig grösser hätte es die FDP schon aufs Plakat schreiben können, auch wenn das Plakat sehr gross ist.

Denn die weiteren Kritikpunkte haben grossmehrheitlich nicht viel mit künstlicher Intelligenz zu tun. Ob ein Plakat nun mit KI, Photoshop, Hans Erni oder dem Dreifarben-Malkasten erstellt wurde: Es könnte immer sein, dass die dargestellte Situation gar nicht echt ist.

Plakat kommt von «plakativ»

Entsprechend fade klingt die Entrüstung der Linken, die es «bedenklich» oder «schlechten Stil» finden. Oder die Grünen, die bei «Tamedia» betonen, man schiesse hier gegen die Grünen, dabei habe man mit «dieser Gruppierung» gar nichts zu tun. Oder «diese Gruppierung» selbst, die das Plakat für gefährlich hält, weil diese Situation so nie stattgefunden habe.

Ein Plakat der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» hängt 2021 in der Gemeinde Oberdorf im Kanton Nidwalden. - keystone

Liebe Leute: Habt ihr in den vergangenen Jahren auch schon mal Wahlplakate angeschaut? Waren da jemals Situationen drauf, die so stattgefunden haben? Eben.

Das Plakat zur Burka-Initiative? Das ist imfall gar keine Burka, das ist ein Niqab. Das Plakat zum Waldsterben? Nein, aus Baumstrünken wachsen keine Köpfe.

Plakat zur Debatte über das Waldsterben von Hans Erni, 1983 - Museum für Gestaltung Zürich, Plakatsammlung, Zürcher Hochschule der Künste

Ob ein Plakat «schlechter Stil» ist, entscheidet sich nicht an der Verwendung von künstlicher Intelligenz. Man kann locker mit «Hausmitteln» auch die FDP in falsches Licht setzen: FDP-Bundesrat Ignazio Cassis dankt mit Blumen den an Privatjets geketteten Aktivisten. Dass wegen ihnen sich nun alle für Privatjets und niemand für die Meinung der FDP zur Flugticketabgabe interessiert.

Ist natürlich fake, aber es braucht dazu nur die mitgelieferte Bildbearbeitung eines Smartphones, einen billigen Photoshop-Klon und eine Viertelstunde Zeit. Und dann nochmal eine Viertelstunde, weil man noch weniger Ahnung von Technik hat, als gedacht. Nach nur 45 Minuten hat man also sein «bedenkliches» Wahlplakat und hat dafür nur etwa eine Stunde gebraucht. Ganz ohne KI, oder fast, denn irgendein Bildbearbeitungsalgorithmus war eventuell ja doch im KI-Traningslager.

Ja, es gibt ein KI-Niveau, das Menschen täuschen, aufhetzen und manipulieren kann und das gehört verboten. Aber sorry, dieses Niveau hat die FDP noch nicht erreicht. Wer meint, das Stimmvolk meine jetzt, auf Wahlplakaten sehe man die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, der hat sich von des Stimmvolks natürlicher Intelligenz aber schön täuschen lassen.

Franz Weber, Präsident der Fondation Franz Weber, spricht während einer Medienkonferenz zum Kampagnenstart der Volksinitiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen», im Januar 2012 in Bern. - keystone

Erinnern Sie sich noch an die Abstimmung über die Zweitwohnungsinitiative? Mit erschreckenden Bildern von Kranen und Hochhäusern vor dem Matterhorn wurde gewarnt. Und wir haben alle gewusst, dass das übertrieben ist und natürlich nie eintreffen wird, wie man heute schön sehen kann.

Wie? Die Initiative wurde angenommen? Eben! Da sehen Sie mal, sonst wär das ja furchtbar herausgekommen.