Nationalräte der SVP kehren Begrenzungsinitiative den Rücken
Zwei prominente Nationalräte der SVP kehren der eigenen Begrenzungsinitiative den Rücken. Diana Gutjahr und Thomas Hurter begründen ihre Haltung bei Nau.
Das Wichtigste in Kürze
- Nächste Woche entscheidet der Nationalrat über die Begrenzungs-Initiative der SVP.
- Nun bestätigen prominente SVP-Vertreter, dass sie dem Partei-Anliegen nicht zustimmen.
- Thomas Hurter und Diana Gutjahr warnen vor einer Kündigung der Personenfreizügigkeit.
Die Begrenzungs-Initiative der SVP ist das meistdiskutierte Geschäft der laufenden Herbstsession. Geschlagene sechs Stunden debattierte der Nationalrat am Montag darüber.
Zu einem Entscheid kam es noch nicht. Erst am nächsten Mittwoch findet die Abstimmung statt. Ein Nein ist sicher. Denn einmal mehr kämpft die SVP allein auf weiter Flur gegen alle anderen.
Nun zeigen aber Recherchen: Die SVP ist sich bei ihrer eigenen Initiative selbst nicht einig. Die SVP-Nationalräte Thomas Hurter (SH) und Diana Gutjahr (TG) bestätigen gegenüber Nau, dass sie der Vorlage nicht zustimmen werden.
Gutjahr: «Kündigungs-Passus nicht vertretbar»
Unternehmerin Gutjahr erklärt auf Anfrage: «Ich sehe mich in Bern als Vertreterin der Wirtschaft. Ich weiss, wie schwierig es heute schon ist, gezielt Fachkräfte zu rekrutieren. Deshalb stehe ich zu den Bilateralen und - trotz Mängeln - auch zur Personenfreizügigkeit.»
In dieser Beziehung werde sie ihre Haltung nicht ändern – auch nicht vor den Wahlen, ergänzt sie. «In der Abwägung ist der Kündigungs-Passus in der Initiative für mich Stand heute nicht vertretbar. Deshalb werde ich mich enthalten», so die Thurgauerin. Sie plädiert dafür, «die vorhandenen Probleme der Zuwanderung im Rahmen der PFZ zu lösen.»
Hurter will «kein Öl ins Feuer giessen»
Der Schaffhauser Hurter begründet seine Position ähnlich. «Ich will der Partei nicht in den Rücken fallen, doch der bilaterale Weg ist enorm wichtig für die Schweiz.» Bisher sei die SVP zu den Bilateralen gestanden, «was richtig ist».
Swiss-Pilot Hurter erinnert daran, dass in der Schweiz über 10'000 internationale Firmen tätig seien und jeder dritte Tourist auf dem Luftweg komme. «Es geht aber nicht nur in der Luftfahrt um essenzielle Verträge», mahnt er.
Zwar bezeichnet es der Nationalrat als «Sauerei», wie die EU etwa bei der Börsen-Anerkennung mit der Schweiz umgehe. Zum aktuellen Zeitpunkt erachtet er ein Ja zur Initiative aber als «zu grosses Risiko».
Es wäre «falsch», nun «Öl ins Feuer zu giessen.» Auch wenn die Initiative ihre Daseinsberechtigung habe und Druck aufbaue. Seine Haltung könne sich allerdings noch ändern, wenn sich das Rahmenabkommen in eine falsche Richtung entwickle, ergänzt Hurter.
Abweichler haben SVP informiert – und stehen dazu
Hurter und Gutjahr haben ihre Stimmabsichten in der Fraktion offengelegt. «Wir hatten nicht vor, diese vorab öffentlich zu kommunizieren», sagen beide unisono. So oder so dürften die Enthaltungen so kurz vor den Wahlen parteiintern noch kräftig zu reden geben.
Denn Gutjahr hat sich als Vorkämpferin für eine starke Wirtschaft einen Namen gemacht. Deshalb wird sie auch von Gross-Unternehmer Peter Spuhler im Wahlkampf unterstützt.
Spuhler selbst hatte in seiner Bundeshaus-Zeit stets den Mut, sich gegen die Partei zu stellen, etwa bei der Masseneinwanderungs-Initiative.
Auch der frühere Bundesratskandidat Hurter weicht nicht zum ersten Mal von der Parteilinie ab. Dennoch hat die Stimme des Piloten in Sicherheits- und Wirtschaftsfragen Gewicht im Bundeshaus.