Richter sollen Raser-Gesetz nicht mehr beachten
Die Ständerätliche Verkehrskommission möchte die Strafen für Temposünder abschwächen. Unter anderem soll dabei die Freiheitsstrafe bei grobem Tempoverstoss gestrichen werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Verkehrskommission des Ständerates setzt sich dafür ein, dass Raser in Zukunft wenig hart bestraft werden.
- Mit einem Brief ans Bundesgericht wollen die Ständeräte, dass die Rechtssprechung sofort geändert wird.
- Mit dem Brief würden die Ständeräte aber gegen die Gewaltentrennung verstossen, kritisiert ein ehemaliger Bundesrichter.
Die Ständerätliche Verkehrskommission möchte die Strafen für Temposünder
auf Schweizer Strasse lockern. Weil es Jahre dauern wird, bis die Gesetzesänderung in Kraft tritt, sollen Richter bereits jetzt die Rechtsprechung ändern. Die Ständeräte haben dazu eigens einen Brief an das Bundesgericht in Lausanne geschrieben, wie der «Tages Anzeiger»
berichtet.
Der Ständerat setzt sich vor allem dafür ein, dass die Richter bei
Fahrlässigkeit einen gewissen Ermessenspielraum eingeräumt bekommen. Weiter
soll die Freiheitsstrafe bei grobem Tempoverstoss von mindestens einem Jahr gestrichen
sowie der Führerausweisentzug von zwei Jahren reduziert werden.
Mit den Neuerungen
möchte die Kommission vor allem Härtefälle vermeiden und der «Berücksichtigung
des Einzelfalls mehr Gewicht schenken».
Ob die Vorschläge am
Ende durchkommen und Temposünder in Zukunft auf eine mildere Bestrafung hoffen
dürfen, muss sich erst noch zeigen. Der Vorschlag muss zuerst noch den
Nationalrat überzeugen und später eine allfällige Referendumsabstimmung überstehen.
Schreiben soll gegen Gewaltentrennung verstossen
Mit dem Brief an das Bundesgericht löst die Kommission auch Kritik aus. Für Alt-Bundesrichter Giusep Nay verstösst das Schreiben gegen die Gewaltentrennung. Der Brief enthalte eine Anweisung an des Bundesgericht, wie es eine geltende Gesetzesbestimmung anwenden solle, wird Nay zitiert. Die Richter hätten aber nach den anerkannten rechtlichen Auslegungsregeln zu entscheiden, und nicht nach den Wünschen einer Parlamentskommission.
Der Nationalrat hat ebenfalls bereits Vorstösse mit der gleichen Stossrichtung überwiesen, das Geschäft aber noch nicht behandelt.