USA: Trump-Anhänger sehen Schweiz als Vorbild für Migrationspolitik
Die USA sollen sich bei der Migration an der Schweiz orientieren, sagen Republikaner. Der SVP-Asylchef staunt – bei Linksgrün wittert man ein Ablenkungsmanöver.
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Youtube / @turningpointusa - Die Schweiz wird von einem Trump-Anhänger in einer Diskussion als gutes Migrations-Beispiel erwähnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Trump-Anhänger Charlie Kirk nennt die Schweiz als Positiv-Beispiel für Migrationspolitik.
- SVP-Schmid hat dafür kein Verständnis – laut Grünen-Glättli will Kirk nur ablenken.
- Expertinnen erklären, woher die republikanische Bewunderung der Schweiz kommen könnte.
Der US-Wahlkampf befindet sich im Schlusssprint. Bald entscheidet sich, wer ins Weisse Haus einzieht: Donald Trump oder Kamala Harris.
Ein wichtiger Mann an der Seite Trumps ist Charlie Kirk. Der Konservative wirbt unter anderem in den sozialen Medien immer wieder für den republikanischen Ex-Präsidenten.
Eine seiner Aussagen in einem Youtube-Video ist aus Schweizer Sicht besonders bemerkenswert. Kirk fordert darin ein strengeres Vorgehen gegen illegale Migration. Unter anderem fällt dieser Satz: «Die Strafe für einen Einbruch in ein Land sollte sein wie in der Schweiz, in Israel oder in Ungarn.»
SVP-Schmid: Kirk wahrscheinlich «falsch informiert»
Die Schweiz als Vorbild für die USA, was Migrationspolitik angeht? SVP-Asylchef Pascal Schmid kann die Aussage von Kirk nicht nachvollziehen. Für US-Politiker, die die illegale Einwanderung bekämpfen wollen, sei die Schweiz ein schlechtes Vorbild.
Gegenüber Nau.ch sagt der Thurgauer Nationalrat, Kirk sei wahrscheinlich «falsch informiert». Denn die illegale Einreise stehe zwar in der Schweiz schon unter Strafe, es drohe bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe.
«Allerdings wird das Gesetz nicht konsequent angewandt. Die Strafen sind oft lächerlich tief und sehr viele illegale Migranten werden von den Behörden gar nicht mehr angezeigt. Der Rechtsstaat funktioniert in diesem Bereich nicht so, wie er sollte», so Schmid.
Er stellt der Asylpolitik von SP-Bundesrat Beat Jans denn auch ein schlechtes Zeugnis aus. «Er macht viel zu wenig gegen die illegale Migration», ist Schmid überzeugt. Gegen Grenzkontrollen wehre er sich noch immer, «obwohl sie in unseren Nachbarländern wirken».
Grünen-Glättli: Kirk lenkt von der Situation in den USA ab
Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli, wie Schmid auch Mitglied der Staatspolitischen Kommission, sieht es etwas anders. Der Zürcher sagt gegenüber Nau.ch: «Die Schweiz hat tatsächlich eine viel härtere Asylpolitik als dies von SVP, FDP und teilweise Mitte beklagt wird.»
Die Schweiz sei «Ausschaffungs-Europameisterin» und setze das Dublin-Abkommen «in einer brutalen Art» um.
Glättli betont aber, dass die Situation der Schweiz nicht wirklich mit derjenigen in den USA vergleichbar ist. Vor allem wegen der Abkommen mit der EU. «Studien zeigen, dass die US-Wirtschaft ohne die günstigen illegalisierten Einwanderer massive Einbrüche erleiden würde. Wir dagegen haben mit der Freizügigkeit legale Einwanderung und schützen mit den flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping.»
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So sieht der Grünen-Politiker die Äusserungen von Kirk vor allem als «Wahlkampf»-Strategie. Der Republikaner verweise lieber auf andere Länder, statt über die Lage in den USA zu sprechen. Denn unter Biden seien die Migrationszahlen wieder massiv gesunken. Dank Abkommen mit Transitländern würden sich wieder weniger Menschen auf den Weg in die USA machen.
Ganz allgemein hält Glättli fest: «Unabhängig von den Fakten ist es sicher nicht mein Ziel, dass die Schweiz für Trump-Anhänger zum Vorbild wird.»
Einwanderungsinitiativen werden auch im Ausland wahrgenommen
Wenn die Schweiz kein besonders gutes Vorbild oder die Lage ohnehin nicht mit derjenigen in den USA vergleichbar ist: Woher kommt es, dass die Eidgenossenschaft von den Republikanern als Vorbild wahrgenommen wird?
Sandra King-Savic, Migrationsexpertin von der Universität Zürich, sagt gegenüber Nau.ch: Die Schweiz nehme «vielleicht eine gewisse Vorreiterrolle» ein, was «den Populismus gegen Migranten angeht».
Die sogenannte «Überfremdung» war in der Schweizer Migrationspolitik immer ein wichtiges Thema. Ein Beispiel ist die abgelehnte Schwarzenbach-Initiative aus dem Jahr 1970. Aber auch in der heutigen Zeit sind solche Ideen präsent – beispielsweise mit der Masseneinwanderungsinitiative. «Das bleibt international nicht unbeobachtet», ist für King-Savic klar.
Kürzlich wurde zudem beispielsweise bekannt, dass die Schweiz straffällige Afghanen mit 500 Franken Sackgeld ausschaffte. Solche oder ähnliche Vorgehensweisen könnten ebenfalls als Vorbild dienen.
Ungarn hat ähnliche Herausforderungen wie die USA
Dass Kirk neben der Schweiz auch Ungarn nennt, überrascht King-Savic indes nicht. Die Expertin erklärt: «Die Regierung von Viktor Orbán hat Massnahmen zur deutlichen Begrenzung der Migration erlassen.»
Die Lage Ungarns könnte zudem eine Rolle spielen, sagt King-Savic. Denn als Land an der EU-Aussengrenze ist Ungarn potenziell mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert wie die USA an der Südgrenze. Wenn dann die Orbán-Regierung zum Beispiel Grenzzäune errichtet, kann Budapest für Kirk durchaus zum Vorbild werden.
Wer ist dieser Charlie Kirk überhaupt?
Gerade was die jüngeren Wähler angeht, ist Charlie Kirk eine wichtige Figur an der Seite von Donald Trump. Amerika-Expertin Suzanne Enzerink von der Universität St. Gallen sagt: «Kirk hat eine aussergewöhnlich starke Medienpräsenz und eine grosse Anhängerschaft unter den Konservativen. Insbesondere bei den unter 30-Jährigen.»
Es handle sich um eine «kontroverse Figur», sagt Enzerink. Einerseits setze er sich für eine konservative Agenda im Bildungssystem ein. Andererseits werfen ihm Gegner auch immer wieder die Verbreitung von Verschwörungstheorien vor. «Politisch kann er am besten als rechtsextremer Populist und Nationalist beschrieben werden», so die Expertin.
Bekannt ist Kirk vor allem für seine Debatten an US-Universitäten, die er mit Studierenden führt. Er ist Gründer der Organisation Turning Point USA (TP). Enzerink führt aus: «TP wurde als Organisation zur Förderung konservativer Politik im Bildungswesen, insbesondere an Universitäten, gegründet.» Damit soll die «sehr liberale Voreingenommenheit» der Lehrpersonen korrigiert werden.
Übrigens: Kirks Haltung zur Schweiz ist nicht nur positiv, wie Enzerink festhält. Er erwähnte die Eidgenossenschaft auch schon im Zusammenhang mit den oben genannten Verschwörungstheorien. Dies wegen des WEF in Davos. Dort sollen sich globale Eliten treffen, um den «amerikanischen Way of Life» zu zerstören, so eine Kirk-Aussage.