Wehrpflichtersatzabgabe neu auch nach dem 30. Geburtstag
Niemand merkte es. Doch per sofort werden Zivilschützer auch nach 30 noch kräftig zur Kasse gebeten. Für viele Schweizer geht es um Tausende von Franken.
Das Wichtigste in Kürze
- Per sofort müssen Untaugliche und Zivilschützer länger eine Ersatzabgabe bezahlen.
- Auf viele kommen unerwartete Ausgaben von mehreren tausend Franken zu.
- Betroffene sind schockiert. Am schlimmsten trifft es Secondos.
Früher oder später trifft es jeden jungen Schweizer: Marschbefehl zur Rekrutierung! Dabei zeigte sich in den letzten Jahrzehnten, dass immer mehr Standespflichtige für die Armee «untauglich» sind. Manche von ihnen werden Zivilschützer.
In beiden Fällen wird das Nicht-Absolvieren von Rekrutenschule und Wiederholungskursen jedoch teuer. Bis zum Alter von 30 Jahren mussten die Männer bis anhin drei Prozent ihres steuerbaren Einkommens dem Staat abliefern.
Jetzt wird für viele von ihnen aber alles noch viel schlimmer. Ab sofort müssen tausende junger Männer auch jenseits ihres 30. Geburtstags das Portemonnaie öffnen. Denn von der Öffentlichkeit praktisch unbemerkt, hat das Parlament die Spielregeln geändert.
Gesetz trifft viele «ohne Vorwarnung»
Heute Donnerstag wurden zahlreiche Zivilschützer über die neue Praxis informiert. An einem Event im Kanton Bern sorgte die Information für rote Köpfe und riesige Frustration.
«Es war mir absolut unmöglich, vor 20 mit der Grundausbildung zu beginnen!», sagt ein 29-jähriger Leserreporter. «Ohne Vorwarnung» müsse er nun weiterhin 2500 Franken pro Jahr an den Staat abliefern, klagt er. «Das ist eine Sauerei!», sagt er.
Der neue Artikel 3, Buchstabe 2 des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe lässt keine Gnade zu. Demnach beginnt die Abgabenpflicht im Jahr nach Beginn der Grundausbildung. Und: «Sie dauert elf Jahre.»
Steuerverwaltung: «Alle müssen 11 Jahre zahlen»
Die eidgenössische Steuerverwaltung bestätigt den Sachverhalt. «Neu müssen alle Wehrdienstpflichtigen insgesamt 11 Ersatzabgaben leisten», sagt Mediensprecher Joel Weibel.
Sprich: Wer nach der Matur Lust auf Reisen verspürte, wird dafür nun teuer bestraft. Die Regelung gilt rückwirkend bis zum vollendeten 37. Lebensjahr. Sprich: Wer mit 23 das erste Mal bezahlt hat und aktuell noch unter 30 Jahre alt ist, bezahlt bis zum 33. Lebensjahr den vollen Betrag.
Das sind gut und gerne 6000 Franken, die Betroffene locker machen müssen. Einige aktuell 30-Jährige dürften mit dem Schrecken davonkommen.
Weibel: «Wer in seinem 30. Altersjahr die letzte WPE-Zahlung gemacht hat, aber noch nicht 37 Jahre alt ist, wird nicht erneut ins System aufgenommen.»
Secondos trifft es wohl am härtesten
Besonders brutal ist das neue Sysem für Secondos. «Wer sich z.B. erst nach dem 25. Altersjahr einbürgern lässt, wird künftig bis maximal zum 37. Altersjahr die Wehrpflichtersatzabgabe leisten müssen», erklärt der Sprecher.
Selbst Secondos, die mittlerweile nicht mehr bezahlen, werden neu ins System aufgenommen. Sie müssen bezahlen, bis sie zehn Jahre abgestottert haben – ein Jahr wird ihnen «geschenkt».
Wie viele junge Männer genau vom neuen Gesetz betroffen sind, kann die Steuerverwaltung auf die Schnelle nicht sagen. Aktuell gibt es aber 254'000 Ersatzpflichtige. Sicher ist: Dem Bund winken saftige Mehreinnahmen.