Innenminister verständigen sich auf Massnahmenpaket gegen Antisemitismus

Nach dem antisemitischen Anschlag in Halle haben sich die Innenminister von Bund und Ländern auf ein Massnahmenpaket gegen Rechtsextremismus geeinigt.

Die Minister Seehofer, Pistorius und Grote - dpa/dpa/picture-alliance

Das Wichtigste in Kürze

  • Besserer Schutz jüdischer Einrichtungen und stärkere Bekämpfung von Hass im Netz.

Dazu gehören der bessere Schutz jüdischer Einrichtungen, der verstärkte Kampf gegen Hass im Netz sowie Verschärfungen im Waffenrecht, wie die Ressortchefs nach einer Sonderkonferenz am Freitag in Berlin erklärten. Die Gefährdungslage sei «sehr ernst», betonte Innenminister Horst Seehofer.

Rechtsextremistische Netzwerke und potenzielle Täter sollten besser erkannt werden, heisst es in der Abschlusserklärung der Innenminister. Dafür sollten Bund und Länder ihre koordinierte Strategie zur Analyse rechtsextremer Strukturen fortentwickeln. Beim Hass im Internet komme es darauf an, zu ermitteln, wer hinter den oft anonymen Accounts stehe.

Zum besseren Schutz von Synagogen soll es mit Unterstützung von Bund und Ländern technische und bauliche Verbesserungen geben. Der Bund werde dafür Mittel bereitstellen, kündigte Seehofer an. «Nie wieder sollen Juden in Deutschland Angst haben, das ist unsere historische Verantwortung und unsere gemeinsame Pflicht», sagte der Bundesinnenminister.

Extremistische Veranstaltungen sollten noch effektiver unterbunden werden. Zudem sollen Strafverfahren wegen rechtsextremistisch motivierter Taten beschleunigt werden. Dafür sollen Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden.

Die Innenminister stellten sich zudem hinter das Vorhaben von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die Anbieter sozialer Netzwerke dazu zu verpflichten, den Strafverfolgungsbehörden Hasskriminalität und Morddrohungen zu melden.

Die Anbieter von Spieleplattformen sollten künftig verpflichtet werden, Hasskommentare und Aufrufe zu Straftaten innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Diese Pflicht gilt bislang schon für soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter.

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) bekundete seine Unterstützung für Lambrechts Vorhaben, durch eine Änderung des Strafrechtsparagrafen 188 Kommunalpolitiker künftig besser vor Hasskriminalität zu schützen. Präventionsarbeit soll noch zielgruppenorientierter ausgerichtet, Hass und Hetze im Internet sollen konsequent bekämpft und Extremismustendenzen im öffentlichen Dienst so früh wie möglich aufgedeckt werden.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Schleswig-Holsteins Ressortchef Hans-Joachim Grote (CDU), kündigte eine engere Kooperation der Sicherheitsbehörden an. «Dabei geht es um eine noch intensivere Zusammenarbeit, sowohl zwischen Bund und Ländern als auch regional.»

Kritik an Seehofer übte die Vorsitzende der Grünen Jugend, Ricarda Lang. Sie warf dem Minister im SWR vor, «Scheindebatten» über die Gamer-Szene zu führen statt über «Antisemitismus, Sexismus, Rassismus und Rechtsextremismus» zu reden. Dies zeige, dass Seehofer «weder von Gaming noch vom Kampf gegen Rechts irgendeine Ahnung hat».

Enttäuscht über die Beschlüsse der Innenminister äusserte sich auch der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. Er forderte einen Abbau von Bund-Länder-Doppelstrukturen im Bereich Innere Sicherheit, etwa beim Verfassungsschutz. Zudem wandte sich Kuhle gegen Verschärfungen des Waffenrechts und warnte vor neuen Überwachungsmassnahmen wie der Ausweitung der Online-Durchsuchung.

Dem aktuellen ZDF-"Politbarometer" zufolge sind 78 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass gegen rechtsextreme Ansichten und Gruppierungen zu wenig getan wird. Mehrheitlich anderer Ansicht sind demnach nur die Anhänger der AfD. Im ARD-"Deutschlandtrend äusserten 59 Prozent der Befragten die Ansicht, dass sich Antisemitismus in Deutschland ausbreite.