Roth: Wir prüfen bei Sanktionen im Fall Nawalny «gesamten Instrumentenkasten»

Die Bundesregierung hält sich bei möglichen Sanktionen gegen Russland im Fall des vergifteten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny alle Optionen offen.

Staatsminister Michael Roth (SPD) - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundesregierung setzt auf enge Abstimmung in der EU.

«Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir den gesamten Instrumentenkasten prüfen», sagte Aussenamts-Staatsminister Michael Roth (SPD) der Nachrichtenagentur AFP. Er bezog sich dabei auch auf Fragen nach der umstrittenen Erdgaspipeline Nord Stream II.

Allerdings sei die Pipeline «kein allein deutsches Projekt», betonte Roth. An Nord Stream II, über deren Baustopp jetzt diskutiert wird, seien hundert Unternehmen aus zwölf europäischen Ländern beteiligt. Gleichwohl mache die Bundesregierung deutlich, «dass wir offen sind gegenüber allen Sanktionsmöglichkeiten». Welche Massnahmen letztlich ergriffen werden, müsse dann «das Ergebnis von Gesprächen und enger europäischer Abstimmung sein».

Roth hob hervor, es gehe hier nicht um einen bilateralen Konflikt. «Es ist ein Konflikt zwischen Russland und demokratischen Rechtsstaaten, insbesondere in Europa aber auch weltweit», sagte der Staatsminister, der am Montagabend in Berlin auch mit dem französischen Europaminister Clément Beaune über die Lage beriet. «Die Vergiftung Nawalnys ist durch den schweren Verstoss gegen das Chemiewaffenübereinkommen internationaler und nicht bilateraler Natur

Wichtig sei jetzt «ein klares Signal», denn «wir können nicht die versuchte Ermordung eines Menschen, der Kritik am russischen Regime, Kritik an der Regierung, am Präsidenten geübt hat, tolerieren». Dafür sei «eine gemeinsame europäische Antwort» erforderlich und «dabei spielt natürlich auch der enge Schulterschluss von Deutschland und Frankreich eine ganz herausgehobene Rolle».

Der Staatsminister räumte ein, dass es gegen das Verhängen von Sanktionen vielfach «eine generelle Skepsis» gebe. «Aber in der Diplomatie und einer dem Dialog verpflichteten Politik, die nicht vor allem auf militärische Mittel setzt, bleiben Sanktionen ein wichtiges Instrument, um Druck auszuüben und gezielt die Verantwortlichen in den Blick zu nehmen», hob er hervor.

Dies gelte auch für die Entwicklung in Belarus, sagte Roth. Dort lege die Protestbewegung Wert darauf, dass «wir keine Sanktionen ergreifen sollen, die die wirtschaftliche und soziale Lage der Menschen weiter destabilisieren». Das heisst, es gehe «vor allem um personalisierte Sanktionen, die die Verantwortlichen zum Ziel haben».

Roth äusserte die Hoffnung, dass sich Sanktionen im Fall Nawalny noch abwenden liessen: «Noch haben es die russischen Behörden in der Hand, ein klares Zeichen der Kooperationsbereitschaft zu setzen zeigen.» Statt «Nebelkerzen» zu werfen, müssten diese beitragen zur «Aufklärung eines Verbrechens, das mich immer noch sprachlos werden lässt».