Trump hat in London die Zeit nach dem Brexit und nach May im Blick

Bei seinem Staatsbesuch in Grossbritannien hat US-Präsident Donald Trump erste Pflöcke für die Beziehungen beider Länder nach dem Brexit und nach dem Abgang von Premierministerin Theresa May eingeschlagen.

US-Präsident Trump und Premierministerin May - POOL/AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident telefoniert mit Johnson und trifft EU-Gegner Farage.

Er stellte dem Vereinigten Königreich am Dienstag ein umfangreiches bilaterales Handelsabkommen in Aussicht. Zudem telefonierte er mit dem Brexit-Hardliner und möglichen May-Nachfolger Boris Johnson und traf den rechtspopulistischen EU-Gegner Nigel Farage. Trumps Besuch wurde von Grossdemonstrationen gegen ihn begleitet; die Berichte darüber kanzelte Trump als «Fake News» ab.

Bei einem Treffen mit der scheidenden Premierministerin Theresa May sagte Trump, er hoffe auf ein «sehr, sehr umfangreiches Handelsabkommen» nach dem geplanten EU-Austritt Grossbritanniens. Der Handel zwischen beiden Ländern könnte um «das Zwei- oder sogar Dreifache» ausgeweitet werden. Trump betonte aber auch, dass er auf eine umfassende Öffnung des britischen Marktes für US-Firmen setzt. Bei künftigen Handelsgesprächen müsse «alles auf den Tisch», sagte er dazu. Das gelte auch für das staatliche britische Gesundheitssystem.

Trumps Staatsbesuch fällt in eine für die Briten chaotische Zeit. Premierministerin May wird wegen des Scheiterns ihres Brexit-Kurses am Freitag als Parteichefin und danach als Regierungschefin abtreten. Vor seinem Besuch hatte Trump erneut den Brexit-Kurs von May kritisiert und ihren Nachfolger ermuntert, auch einen harten Brexit ohne Abkommen mit der EU nicht zu scheuen. Am Dienstag schien er seine diplomatischen Fehltritte wettmachen zu wollen. May habe einen «fantastischen Job» gemacht, lobte er.

Allerdings nutzte Trump seinen Besuch in London auch dazu, die Zeit nach dem Rücktritt Mays vorzubereiten. Er telefonierte etwa 20 Minuten mit dem britischen Ex-Aussenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson, den er vor seinem Besuch noch als Nachfolger Mays empfohlen hatte. Trumps Angebot zu einem direkten Zusammentreffen lehnte Johnson nach Angaben eines Vertrauten aber wegen anderer Termine ab.

Dafür traf Trump aber den EU-Gegner Nigel Farage, der mit seiner neuen Brexit-Partei bei den Europawahlen zur stärksten Kraft in Grossbritannien geworden war. Das bestätigte Farage am Abend. Trump hatte zuvor angeregt, dass Farage an den Brexit-Gesprächen beteiligt werden sollte.

Umweltminister Michael Gove, der ebenso wie Johnson und Aussenminister Jeremy Hunt zu den aussichtsreichen Bewerbern für Mays Nachfolge zählt, willigte Vertrauten zufolge ebenfalls ein, Trump zu treffen. Trump vermied es am Dienstag aber, sich für einen bestimmten Kandidaten auszusprechen. Über Johnson und Hunt sagte er, er denke, sie würden einen «sehr guten Job» machen, Gove kenne er nicht.

Da sich immer mehr Verbündete von den USA abwenden, war Trump bemüht, die «besondere Beziehung» zwischen den USA und Grossbritannien zu unterstreichen. Doch das Verhältnis wird durch einige Streitpunkte auf die Probe gestellt. «Manchmal unterscheiden wir uns bei der Frage, wie wir Herausforderungen begegnen», sagte May mit Blick auf den Iran und den Klimawandel.

Für einen der Hauptstreitpunkte zwischen beiden Ländern - die Beteiligung des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei am 5G-Netzausbau im Vereinigten Königreich - erwartet Trump eine Einigung. Die US-Regierung hatte vor Trumps Besuch deutlich gemacht, dass eine Beteiligung Huaweis dazu führen könnte, dass die USA künftig nur noch eingeschränkt Geheimdienstinformationen mit London teilen. Nun äusserte sich Trump zuversichtlich, dass es nicht dazu kommen werde.

In London demonstrierten derweil tausende Menschen gegen Trump und seine Klima- und Abtreibungspolitik. Wie ein AFP-Reporter berichtete, versammelten sich jedoch weniger Menschen auf den Strassen als bei Trumps Besuch im Vorjahr. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei, der das Staatsbankett am Vorabend im königlichen Palast boykottiert hatte, trat bei den Protesten als Redner auf. Trump nannte ihn eine «negative Kraft».

Auch Unterstützer des US-Präsidenten gingen in London auf die Strassen. Die Polizei musste eingreifen, um Trump-Gegner und -Befürworter zu trennen. Der US-Präsident bezeichnete Berichte über die Grossdemonstrationen gegen ihn als «Fake News». Tatsächlich handele es sich um «sehr kleine» Demonstrationen, sagte Trump.

Der US-Präsident hatte seinen dreitägigen Staatsbesuch in Grossbritannien am Montag begonnen. Am Mittwoch wird Trump an einer grossen Feier in Portsmouth zum 75. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilnehmen.