YB darf mit Wicky nicht gleichen Fehler machen wie FCB mit Fischer
Der Vertrag von Raphael Wicky bei YB läuft nach der Saison aus. Die Berner tun gut daran, das Arbeitspapier mit dem Trainer bald zu verlängern. Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Raphael Wicky hat in anderthalb Saisons fast alle Ziele mit YB erreicht.
- Trotzdem haben die Berner mit der Verlängerung bisher noch zugewartet.
2017 entscheidet sich der FC Basel, nicht mehr mit Trainer Urs Fischer weiterzumachen. Dabei holt der Zürcher das Double, verliert in der ganzen Saison nur zwei Ligaspiele.
Einer der Vorwürfe: Fischers Fussball sei nicht spektakulär genug, die Ansprüche beim Serienmeister waren nach acht Titeln in Serie gestiegen.
Die Folge ist bekannt: Seit 2017 holen die Bebbi gerade noch einen Cup-Titel. Die Meisterschaft geht seither einmal an den FCZ – und fünfmal an YB!
Wandeln die Berner bald in den Spuren der Basler? Schliesslich läuft der Vertrag von Double-Trainer Raphael Wicky im Sommer aus. Und bis jetzt wurde das Arbeitspapier noch nicht verlängert.
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Soll YB den Vertrag mit Raphael Wicky verlängern?
Was vergleichbar ist: Auch in Bern sind die Fans mittlerweile verwöhnt. Vor der Saison ist der Tenor im Wankdorf und im Blätterwald klar: Mit diesem Kader muss YB Meister werden. Im Vergleich mit der Konkurrenz sind die Berner viel breiter aufgestellt.
Doch Siege alleine reichen nicht mehr allen: Nicht wenige Matchbesucher erwarten Gala-Vorstellungen – wenn nicht auswärts, dann sicher zuhause.
Nicht alle Abgänge konnten bislang kompensiert werden
Und da liegt das Problem: Gerade in dieser Saison knorzen die Young Boys häufiger als erwartet. In den Spitzenspielen zu Hause gegen den FCZ (0:0) und Servette (1:1) gelingt kein dominanter Auftritt über zwei Halbzeiten.
Die Vorwürfe an Wicky: Mit der Raute setze er häufig auf das falsche System, zudem sei spielerisch kaum eine Entwicklung festzustellen.
Auf dem Papier mag das Team exzellent bestückt sein. Doch dass es (noch) nicht immer reibungslos läuft, dafür gibt es mehrere Erklärungen: Mit Christian Fassnacht, Fabian Rieder und Cédric Zesiger hat beispielsweise eine ganze Achse den Verein im Sommer verlassen. Alle drei waren Eckpfeiler und Leistungsträger. Noch ist es den Neuzugängen zu selten gelungen, diese Abgänge zu kompensieren.
Rieder-Nachfolger Lukasz Lakomy hat nach gutem Beginn Mühe, kämpfte zudem lange mit Blessuren. Darian Males kann im Mittelfeld noch nicht durchgehend zeigen, warum er beim FCB letzte Saison Topskorer war.
Auch Kastriot Imeri schlägt im zweiten Jahr bei YB noch nicht ein: Das Millionen-Versprechen aus Genf verpasst einen Grossteil der Saison mit einer Verletzung. Ganz im Gegensatz zu Filip Ugrinic, der nach einem Jahr Angewöhnungszeit jetzt Leistungsträger und Neo-Natispieler ist.
Am ehesten wurde der Wechsel von Abwehrchef Zesiger kompensiert – und zwar intern: Loris Benito überzeugt als Innenverteidiger-Duo mit Ali Camara.
YB überwintert unter Raphael Wicky europäisch
Zurück zu Wicky: Der YB-Trainer ist nicht nur für die Spielweise verantwortlich. Er muss auch das grosse Kader moderieren. Regelmässig sitzen Spieler auf der Bank, die in allen anderen elf Teams der Liga gesetzt wären.
Hier überzeugt der Ex-Nationalspieler aber, denn: Gemotzt wird bei YB nicht, schon gar nicht öffentlich! Ein Beispiel: Stürmer-Legende Jean-Pierre Nsame schenkt Konkurrent Ganvoula gegen Luzern sogar einen Penalty, damit dieser seine Torflaute beenden kann.
Nach der erfolgreichen letzten Saison hat Raphael Wicky auch in dieser Saison bisher alle Ziele gepackt: YB hat die Champions League erreicht, schafft dort im dritten Anlauf erstmals Platz drei. Im Cup ist man als Titelverteidiger noch dabei, trifft im Viertelfinal auf den FC Sion. Und: Mit einem Zähler Rückstand auf den FCZ ist man im Meisterrennen mittendrin!
Läuft alles nach Plan, werden sich Sportchef Steve von Bergen und Raphael Wicky spätestens nach der Winterpause zusammensetzen. Und das Arbeitspapier verlängern.
Alles andere wäre eine Überraschung – und zudem unverständlich! Es sei denn, man kopiert die FCB-Fehler von 2017. Solange Christoph Spycher als YB-Boss etwas zu sagen hat, wird das hoffentlich nicht passieren.