Der lange Weg zurück: Lisicki kämpft um ihr Comeback

2017 wurde sie am Knie operiert, 2018 musste sie mit einer Fussverletzung pausieren, in diesem Jahr zwang das Pfeiffersche Drüsenfieber sie zu einer monatelangen Auszeit. Doch die ehemalige Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki gibt nicht auf. Im Gegenteil.

War lange von der Tennisbühne verschwunden: Sabine Lisiki. Foto: Daniel Karmann/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf ihrem harten Weg zurück zum Profi-Tennis kommt sich Sabine Lisicki manchmal vor wie eine Amateurspielerin.

Von der Würde Wimbledons oder dem Glamour der US Open sind manche der Turniere, bei denen die einstige Wimbledon-Finalistin im zu Ende gehenden Jahr antrat oder demnächst wieder antreten wird, so weit entfernt wie derzeit der VfB Stuttgart von Kontinuität auf der Trainerposition und dem erneuten Gewinn der deutschen Fussball-Meisterschaft.

«Mit dieser Ranglistenposition ist es extrem schwer, sich wieder hochzuarbeiten, weil man quasi bei null anfängt. Du spielst kleine Turniere, teilweise ohne Schiedsrichter, Linienrichter, Ballkinder. Da kann man kann froh sein, wenn ein Stuhlschiedsrichter auf dem Platz ist», sagte Lisicki der Deutschen Presse-Agentur.

In wenigen Minuten startet ihre morgendliche Trainingseinheit, am Telefon klingt sie fröhlich und voller Tatendrang. Das «träge Jahr», wie sie es nennt, will die 30 Jahre alte Berlinerin nun endlich vergessen machen. Nach einer schier endlosen Serie von Verletzungen und Rückschlägen mit dem Tiefpunkt der monatelangen Auszeit wegen Pfeifferschen Drüsenfiebers ist sie auf Platz 563 der Welt gefallen.

Während sich ihre Kolleginnen wie Angelique Kerber oder Julia Görges auf den Saisonstart in Australien vorbereiten, quält sich die ehemalige Nummer zwölf der Rangliste seit Wochen in ihrer Wahlheimat Florida für das ersehnte Comeback. Wann und wo sie zurückkehrt, hat Lisicki bewusst offen gelassen. Bloss kein Druck, bloss nichts überstürzen, nur nicht zu früh wieder anfangen lauten ihre Vorsätze.

«Natürlich hat man sich so ein, zwei Turniere in den Kopf gesetzt, bei denen man gerne spielen würde. Aber für mich ist wirklich oberste Priorität, fit zurückzukommen. Ich warte lieber eine Woche oder zwei Wochen länger anstatt eine Woche zu früh anzufangen», bekräftigt Lisicki. Und sagt dann einen dieser typischen Lisicki-Sätze.

Worte, die ihren unerschütterlichen Optimismus und ihr Selbstvertrauen früherer Tage unterstreichen. «Das ist das Wichtigste, weil ich der Überzeugung bin, dass ich ein sehr, sehr hohes Niveau habe, wenn ich fit bin», sagt Lisicki. Oder: «Ich merke, dass ich gut spielen kann und ich einfach nochmal alles geben möchte.» Mit dieser Einstellung erreichte sie 2013 sensationell das Endspiel des bedeutendsten Tennisturniers der Welt und unterlag erst dort der Französin Marion Bartoli. «Bum Bum Bine» wurde sie wegen ihres krachenden Aufschlags getauft, Lisicki galt als grösste Verheissung des deutschen Damen-Tennis und Liebling des Boulevards.

Doch sportliche, körperliche und private Probleme durchkreuzten ihre Karrierepläne, eines Tages die Nummer eins der Tennis-Welt zu werden, wie sie es zu Beginn ihrer Laufbahn kess verkündet hatte. Stattdessen weist die unbarmherzige Statistik der Damen-Organisation WTA für 2019 unter anderem aus: Qualifikations-Scheitern bei den Australian Open gegen eine gewisse Isabelle Wallace, damals Nummer 374 im Ranking. 1:6, 1:6 gegen die Ungarin Dalma Galfi bei einem Mini-Turnier in Spanien. Erstrunden-Aus bei den Liqui Moly Open in Karlsruhe.

Da war sie schon geschwächt von der Krankheit, die sie Ende September öffentlich machte. «Das Schlimmste daran war, nicht zu wissen, was los war dieses Jahr, bis sie es herausgefunden haben. Wenn man weiss, womit man es zu tun hat, ist es okay. Ich habe alles gut überstanden, mein Körper war stark», erzählte Lisicki. Gedanken an einen Rücktritt und ans Aufgeben liess sie während der langen Leidenszeit nicht zu.

«Die Leidenschaft für meinen Sport ist einfach zu gross, das Feuer immer noch da», sagte Lisicki. Mit ihrem Vater und Trainer Richard schuftet sie in Bradenton an der nötigen Fitness, um im kommenden Jahr wieder auf die WTA-Tour zurückzukehren. Die Feiertage verbrachte sie in den USA, auf die Reise zum ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres 2020 verzichtet Lisicki. «Australien kommt definitiv noch zu früh, ich brauche noch die Zeit zum Aufbau», betont sie. Auf die Frage, ob sie an ein Karriereende gedacht habe und wie schwer es sei, sich immer wieder zu motivieren, antwortet sie: «Ich sage immer: einmal mehr aufstehen als man hingefallen ist.» Typisch Lisicki.