Warum die Gesellschaft doofe Sprüche und Redewendungen braucht
«Sprechen ist wie Tanzen, es schafft Nähe», erklärt Sprachwissenschaftler Daniel Perrin. Wie Worte uns entlarven, ausgrenzen, verbinden und einzigartig machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Sprache hat verschiedene Funktionen: Informationen übermitteln oder Befehle erteilen.
- Wird die Sprache als soziales Instrument benutzt, spricht man von phatischer Kommunikation
- Sie kann Identität und Verbundenheit stiften, aber auch ab- und ausgrenzen.
«Salamander mitanander! Alles cool, in Istanbul? Oder sy die Sprüch nid so dis Nivea? Denn nüt für Ungarn und au reservoir.»
Na, geschmunzelt? Wiedererkannt? Oder bloss den Kopf geschüttelt, ob der lockeren Sprache der Journalistin? Je nach Reaktion auf gewisse Sprüche, Ausdrücke und Redewendungen können Sprachwissenschaftler ziemlich genau zuordnen, wie alt jemand ist und zu welcher Gemeinschaft sie oder er gehört.
«Sprechen ist wie Tanzen»
Sprache kann nämlich verschiedene Zwecke erfüllen. Benutzen wir sie nicht, um reine Informationen zu vermitteln oder etwas zu befehlen, sondern als soziale Funktion, spricht die Wissenschaft von der phatischen Kommunikation. Sie stiftet Identität, grenzt ab oder schafft Nähe.
«Der Mensch ist ja kein Einzelgänger», sagt Daniel Perrin, Sprachwissenschaftler der ZHAW. «Sprechen ist deshalb auch eine Möglichkeit, sich einander anzunähern und dann auch wieder auf Distanz zu gehen. Wie Tanzen oder andere Formen von Körperkontakt.»
Sprache als Abgrenzung
Jugendliche nutzen die Sprache am stärksten als Instrument zur Abgrenzung. «Sie lösen sich damit von der Elterngeneration und schaffen etwas Neues», erklärt Perrin. Kein Wunder, ist es die Jugendsprache, die sich von allen Varianten der deutschen Sprache am schnellsten verändert.
«Sprache ist eine Möglichkeit, in einer Gruppe nach innen Nähe zu schaffen und sich nach aussen abzugrenzen», erklärt Perrin. Wenn man ob der seichten Sprüche zusammen lachen kann, «verbindet das und schafft ein Wir-Gefühl», so Perrin. Versucht sich ein Aussenstehender an den Insider-Begriffen, wird er sofort entlarvt. Stellen Sie sich vor, Oma sagt: «LOL».
Sprache schafft Identität
Menschen, die zweisprachig aufgewachsen sind, nutzen beispielsweise oft die eine Sprache mit der Familie, bei emotionalen Themen oder daheim, die andere hingegen in der Öffentlichkeit.
Denn «Sprache gehört auch immer in bestimmte Räume und gestaltet diese mit», erklärt Perrin. Sprache schafft Identität: «Sich zu entscheiden, in einer bestimmten Gruppe zum Beispiel Hochdeutsch, statt Schweizerdeutsch zu sprechen, zeigt ganz klar, dass hier gewisse Dinge erlaubt und gefordert sind, andere aber nicht.»
Klingt dann «entspanndi, Andy», durch den Raum, ist klar: Sitzung vorbei, Freizeit nah.
Die doofsten Sprüche für den Feierabend
A tout à l’heure
bim Gidor Coiffeur
Aebersold
(statt: äbeso)
Alles cool,
in Istanbul
Alles klar, Edgar
Alles Oberglatt (ZH)
Au reservoir
Bis speter, Peter
Bitte, Brigitte
Bonjour Armbanduhr
Entspann di, Andy
Exbüsi
Fit wie es Pommes Frites
Fit wie es Schitt
Isch BÄRNgscheh
Häsch gsee, Roger
Herzogenbuchweh (statt: Herzogenbuchsee)
Da gibt’s grad einen Hyderabad (grosser Rabatt)
Kroatie Chile (Grazie Mille)
Marseille (Merci)
Meersöi (Merci)
Nid mis
Nivea
Nüt für Ungarn
Ohjeminee, Frau Portemonnaie
Pröschä, Röschä
Salamander mitanander
Saletti Spagetti, isch alles paletti?
Schöne bim Föhne
Scho Recht, Albrecht
Scho Recht, Herr Specht
Uf Luderwiege
Also dann, «uf wiederLUGANO» bei Nau und «viu Vergnagi» mit der Liste. Ebendiese ist natürlich noch längst nicht komplett. Wer noch mehr Wortakrobatik auf Lager hat, sei hiermit herzlich eingeladen, diese in den Kommentaren zu teilen. «Marseille» im Voraus.