8 Fakten zum globalen Hunger, die Sie noch nicht kannten
Die Welt steht vor einer globalen Hungerkrise. Immer mehr Menschen gehen hungrig zu Bett. Doch weshalb ist das so und was kann man aus der Schweiz dagegen tun?
Das Wichtigste in Kürze
- Weltweit hungern mehr als 811 Millionen Menschen.
- Der Ukrainekrieg und die Folgen der Coronapandemie haben die Hungerkrise verschärft.
- Die Mehrzahl der Hungernden lebt im südlichen Asien.
- Auch aus der Schweiz kann man etwas gegen den globalen Hunger tun.
Für manche Kinder ist es Alltag geworden, hungrig schlafen zu gehen oder Mahlzeiten auszulassen. Zum Beispiel für die 7-jährige Evelyn, die mit ihrer Familie in einem Flüchtlingslager in Uganda lebt. Selbst Grundnahrungsmittel sind für die Familie zu teuer geworden, sodass sie höchstens einmal pro Tag isst.
Andere Familien sind zu noch drastischeren Massnahmen gezwungen. Sie müssen ihre Töchter verkaufen, um die restlichen Familienmitglieder zu ernähren.
So erging es auch Aziz aus Herat im westlichen Afghanistan. Ihr Ehemann verkaufte die 10-jährige Tochter in die Ehe mit einem älteren Mann, ohne es seiner Frau mitzuteilen. Er nahm eine Anzahlung an, um Essen für seine Familie mit fünf Kindern zu kaufen. Erst später erfuhr die Mutter woher das Geld dafür kam.
Dies sind nur zwei Schicksale einer sich global abzeichnenden Hungerkrise.
Denn noch immer gehen mehr als 811 Millionen Menschen – etwa 10 Prozent der Weltbevölkerung – regelmässig hungrig zu Bett. Der Krieg in der Ukraine wird die Ernährungsunsicherheit im Jahr 2022 wahrscheinlich noch verschlimmern – und somit das Leben der betroffenen Menschen.
Was steckt hinter dieser weltweiten Krise? Und was kann man dagegen tun? Acht Fakten zum Welthunger.
1. Immer mehr Menschen sind vom Hungertod bedroht
Laut Angaben des Ernährungsprogramms der Vereinten Nationen (World Food Programme WFP) waren 2021 fast 193 Millionen Menschen in 53 Ländern von lebensbedrohlichem Hunger betroffen.
Das sind 40 Millionen mehr gegenüber dem bisherigen Höchststand im Jahr 2020. Und die Zahl steigt in alarmierendem Tempo, berichtet das WFP.
2. Mythos: Alle Hungernden der Welt leben in Afrika
Auch wenn Hunger in Afrika am weitesten verbreitet ist, leben — nach absoluten Zahlen — die meisten Hungernden in Asien.
Das WFP spricht von 520 Millionen Menschen. Besonders vom Hunger betroffen sind Menschen in Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und Sri Lanka.
Im weniger dicht besiedelten Afrika sind es rund 243 Millionen Menschen, die nicht ausreichend zu essen haben.
3. Hunger beeinflusst die Zukunftsperspektiven der Kinder
Über 45 Millionen Kinder sind von einer potenziell tödlichen Unterernährung bedroht. Weltweit ist jeder fünfte Todesfall bei Kindern unter fünf Jahren auf schwere akute Unterernährung zurückzuführen.
Doch Hunger hat nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit und die physische Entwicklung der Kinder. Hunger beeinflusst auch das Bildungsniveau – und somit langfristig die Zukunftsperspektiven. Hungrige Kinder können sich weniger gut auf den Unterricht konzentrieren oder gar nicht erst zur Schule gehen.
4. Hunger ist nicht immer offensichtlich
Hunger bedeutet mehr als ein leerer Magen. Es gibt auch den sogenannten versteckten Hunger, der durch nährstoffarme Ernährung entsteht.
Wie Hunger selbst, hat auch dieser Mangel Einfluss auf die körperliche und geistige Entwicklung. Ein Mangel an Mikronährstoffen ist besonders in den ersten 1000 Tagen eines Lebens entscheidend, um irreversible Schäden zu vermeiden.
5. Die Gründe für Hunger: Klimawandel und Konflikte
Naturkatastrophen wie eine langanhaltende Dürre oder schwere Regenfälle können Menschen, die bereits gefährdet sind, in Hunger und Armut stürzen. Laut Prognosen des Weltklimaberichts werden arme Regionen in Afrika, Asien und Lateinamerika am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sein.
Es sind jene Regionen, die bereits jetzt mit Nahrungsunsicherheit zu kämpfen haben. Der Klimawandel ist aber nur ein Faktor für Hunger.
Das WFP zeigt, dass in den letzten dreissig Jahren Ernährungskrisen mit menschlichen Ursachen zugenommen haben.
Eine der Hauptursachen langanhaltender Hungerkrisen sind bewaffnete Konflikte. Kämpfe vertreiben Menschen, zerstören die lokalen Märkte und Felder, treiben die Nahrungsmittelpreise in die Höhe und erschweren die Verteilung von Lebensmitteln durch Hilfswerke.
6. Hungertreiber Pandemie und Ukraine-Krieg
Vor der Coronapandemie war die Zahl der Menschen, die in extremer Armut lebten, rückläufig gewesen. Dieser Trend kehrte sich jedoch im Jahr 2020 um.
Die Weltbank schätzt, dass im Jahr 2022 durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zusätzlich 75 bis 95 Millionen Menschen in extreme Armut gestürzt werden könnten – und mit der Armut nimmt auch die Gefahr von Hungerkrisen zu.
Auch der Krieg in der Ukraine ist ein Treiber für Hunger. Steigende Kosten für Treibstoff, Dünger und Weizen, die durch die Verknappung und die Sanktionen infolge des Krieges verursacht werden, heizen Ernährungsunsicherheit an.
7. Hilfswerke sind unterfinanziert
Hilfswerke spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Menschen vor dem Hungertod zu bewahren.
Doch: Auch internationale Organisationen wie das Kinderhilfswerk World Vision, der grösste Implementierungspartnerdes Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, sind von den steigenden Lebensmittelpreisen und Lieferkettenproblemen betroffen.
Zugleich sind laut der UNO im Durchschnitt nur 18 Prozent der benötigten internationalen finanziellen Mittel für Krisensituationen bewilligt.
World Vision warnt deshalb vor einer starken Zunahme von Hunger im Jahr 2022.
8. Wie kann man den Hungernden helfen?
Hunger ist zwar ein komplexes Problem, doch es gibt Massnahmen, mit denen auch von der Schweiz aus der Hunger bekämpft werden kann. Dazu zählt etwa, nachhaltig und nicht verschwenderisch zu konsumieren, Fairtrade-Produkte zu kaufen und darauf zu achten, dass die fair gehandelten Produkte von Kleinbauern oder Kollektiven kommen.
Dies sind allerdings langfristige Massnahmen. Bei einer akuten Hungersnot ist das nicht wirksam. Denn es geht dann darum, innerhalb kurzer Zeit Millionen von Menschen vor dem akuten Hungertod zu retten.
World Vision zum Beispiel verteilt Nahrungsmittel in Notsituationen. Akut unterernährte Kinder werden von lokalen Gesundheitshelfern medizinisch behandelt und erhalten Aufbaunahrung.
Es werden aber auch Kleinbauern und Familien mit hochwertigem Saatgut unterstützt, um die Produktivität längerfristig zu steigern. Schulungen helfen zudem, um verbesserte, an das Klima angepasste Anbaumethoden zu erlernen.
Wollen auch Sie helfen? Jetzt die Arbeit von World Vision mit einer Spende unterstützen.