Bundesrat

Ehe für alle – ohne gleiche Rechte für alle?

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Bern,

Der Bundesrat will dem Parlament eine abgespeckte Ehe für alle zur Abstimmung vorlegen. Aussen vor bleibt etwa die Samenspende. Betroffene sind enttäuscht.

Ehe für alle
Vor dem Bundeshaus wird in Regenbogenfarben für die Ehe für alle demonstriert. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat will die Ehe für alle zügig durchwinken. Allerdings in abgespeckter Form.
  • Rechte wie jenes auf Samenspende und Reproduktionsmedizin klammert der Bundesrat aus.
  • Lesben- und Regenbogenfamilien-Organisationen, glp und SP sind enttäuscht.

Jetzt soll sie endlich kommen, und zwar schnell: Die Ehe für Alle. Der Bundesrat stellt sich hinter die Parlamentsvorlage der «Ehe für Alle». Damit soll die Ungleichbehandlung homosexueller Paare der Vergangenheit angehören. Doch – ist es wirklich die gleiche Ehe für alle, die der Bundesrat anstrebt?

Das Recht auf legale Samenspende, den Zugang zur Reproduktionsmedizin und die Regelung der Hinterlassenenrente klammert der Bundesrat aber erstmal aus. Aussgerechnet jene Punkte, die für homosexuelle Paare in einer eingetragenen Partnerschaft grosse Komplikationen nach sich ziehen, bleiben also ungelöst. Das sorgt bei Betroffenen für Unverständnis.

Abgespeckte Ehe für alle

Der Bundesrat argumentiert: Die Ehe für Alle hätte im Parlament kein Chance, wenn die Samenspende zum Päckli gehöre. Das sieht der Dachverband für Regenbogenfamilien anders. Man gehe davon aus, «dass der Zugang zur Samenspende für verheiratete Frauen und die damit verbundene Elternschaft ab Geburt gute Chancen haben, im Rahmen der parlamentarischen Diskussion zur Ehe für alle in die Realität umgesetzt zu werden.»

gleichgeschlechtliche Ehe
Die Ehe für alle sieht so, wie der Bundesrat sie einführen will, dann eben doch nicht für alle gleich aus. Heterosexuelle Paare behalten gegenüber homosexuellen Privilegien, die eine Ehe für alle ausmachen würden. - Keystone

Die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) freut sich zwar grundsätzlich, dass der Bundesrat sich für die Ehe für alle ausspreche. «Wir bedauern es aber sehr, dass er sich nicht für die vollständige Gleichstellung ausspricht», sagt Nadja Herz. Sie ist Rechtsanwältin und Co-Präsidentin von LOS. Der Ehe-Kompromiss würde nämlich «weiterhin Unterschiede zwischen heterosexuellen und gleichgeschlechtlichen Paaren machen».

Diese Fast-Gleichstellung der Homo- und Hetero-Ehe sei nicht nur für homosexuelle Paare ein Problem. Leidtragend dabei seien in erster Linie die Kinder aus Regenbogenfamilien. Darum setze LOS sich für eine komplette Ehe für alle ein.

Ehe für Alle
Rechtsanwältin und LOS-Co-Präsidentin Nadja Herz. - Bild Lea Reutimann

«Wir haben die Verantwortung, das Kindeswohl zu schützen und Kinder in Regenbogenfamilien, von denen es schon sehr viele gibt in der Schweiz, rechtlich gut abzusichern. Unser Ziel ist eine Ehe für alle mit sämtlichen Rechten und Pflichten wie die bestehende Ehe.»

GLP und SP enttäuscht

Damit stehen die Lesbenorganisation LOS und der Dachverband für Regenbogenfamilien nicht alleine da. Auch bei der glp, deren Nationalrätin Kathrin Bertschy die Ehe für alle im Parlament eingereicht hatte, ist man enttäuscht.

Schützenhilfe kommt auch aus der SP. «Eine Ehe für alle ist erst eine Ehe für alle, wenn auch wirklich die gleichen Rechte gelten. Dazu gehört auch der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin: Die Lösung läge eigentlich auf dem Tisch», schreibt Nationalrätin Min Li Marti auf Twitter.

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