Historisches Museum ist im Rennfieber
Benzin, Boliden und Bremsspuren: von 1934 bis 1952 war Bern Schauplatz internationaler Autorennen.
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Auf dem Rundkurs im Bremgartenwald lieferten sich die Rennsportgrössen ihrer Zeit packende Duelle. Das historische Museum Bern lässt in einer neuen Ausstellung diese Zeit wieder aufleben.
Selbstverständlich glänzt die Ausstellung mit viel legendärem Blech: zu sehen sind unter anderem Silberpfeile von Mercedes Benz, der Alfa Romeo der Schweizer Rennfahrerlegende Willy Daetwyler oder das für seine aerodynamische Form bekannte Rennmotorrad NSU Rennmax «Blauwal».
Doch den Ausstellungsmachern geht es nicht nur um Tempo, Tacho und Turbo. Sie stellen das grösste Schweizer Sportereignis seiner Zeit in einen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext.
"Vor der Massenmotorisierung und dem Nationalstrassenbau, in einer Zeit, in welcher sich erst wenige ein Auto leisten konnten, waren Interesse und Begeisterung für starke Motoren und Geschwindigkeit immens», erklärt Kurator Severin Rüegg laut Mitteilung des Historischen Museums Bern.
Der Grosse Preis der Schweiz stand ebenso für sportliche Höchstleistungen wie für technischen Fortschritt. Beides konnte ein breites Publikum vor Ort direkt erleben.
Die ersten Staus in Bern
Zu seinen Glanzzeiten wurde der Rundkurs im Berner Bremgartenwald in einem Atemzug mit Monte Carlo, Silverstone oder dem Nürburgring genannt. Die Automobilrennen wurden in verschiedenen Kategorien ausgetragen. Ab 1950 gehörte das Hauptrennen zur neu gegründeten Automobil-Weltmeisterschaft, der heutigen Formel-1-Weltmeisterschaft.
Beim bestbesuchten Grand Prix im Jahr 1948 strömten mit 126'634 Besucher nach Bern, das damals nur wenig mehr Einwohner zählte. Der Ansturm bescherte Gewerbe und Hotels klingelnde Kassen. Und Bern erlebte in diesen Tagen die ersten Verkehrsstaus seiner Geschichte.
Kontroversen
Das Rennspektakel war von Beginn weg kontroversen Diskussionen ausgesetzt. Kritiker verurteilten die gefährlichen Rennen, weil Unfälle immer wieder Todesopfer und Schwerverletzte forderten. Bereits bei der ersten Austragung 1934 kam der Nordire Hugh Caulfield Hamilton ums Leben. Er ist auf dem Berner Bremgartenfriedhof beerdigt.
Der Bremgartenrundkurs galt als schwierig, wegen der anspruchsvollen Lichtverhältnisse und wechselnder Strassenbeläge, die besonders bei Nässe rutschig wurden. Die Fahrer hatten oft mit widrigen Verhältnissen zu kämpfen, denn die Rennen fanden bei jeder Witterung statt. Die Fahrer waren ohne Sicherheitsgurt und bis 1952 auch ohne Helm unterwegs. Auch Zuschauer kamen bei dem Rennspektakel ums Leben.
Deutsche Propaganda
Die Rennen waren auch ein Spiegel der damaligen Weltpolitik: vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs begeisterten die Duelle der vom NS-Regime geförderten deutschen Werksteams von Mercedes Benz und Auto Union AG die Massen. Die Nationalsozialisten nutzten die Überlegenheit der deutschen Fahrzeuge als Propagandamittel.
Während des Kriegs verstummten die Motoren in Bern. Erst 1947 wurden die Rennen wieder aufgenommen. Die deutschen Teams bleiben bis 1953 gesperrt.
Als es 1955 im französischen Le Mans zu einem schlimmen Unglück kam, bei dem 84 Menschen starben, wurde der Grand Prix Suisse im gleichen Jahr abgesagt. Wenig später wurde ein schweizweites Verbot für Rundstreckenrennen erlassen. Fortan gab es im Bremgartenwald keine Boliden mehr; jedenfalls keine, die wettkampfmässig über das Pflaster jagten.
Gemütlich unterwegs
Seit einigen Jahren wird wieder ein Grand Prix durchgeführt, allerdings ein Memorial mit Oldtimern. Diese sind gemütlich und zu Showzwecken unterwegs. 2009 und 2012 fanden die beiden ersten Anlässe Anklang beim Publikum. Am 26. August 2018 steht die dritte Auflage am Start.
Rund 350 historische Renn- und Sportwagen starten zu Demonstrationsfahrten. Bereits am 25. August startet als Auftakt ein Oldtimercorso durch Bern. Die Route führt bis zum Historischen Museum, wo die Autos bis 19 Uhr besichtigt werden können.