Zeuge im Arzt-Prozess: «Die haben in der Nacht Dummheiten gemacht»
Im Prozess gegen einen Obwaldner Arzt um Unterlassung der Nothilfe haben sich am Donnerstag vor dem Kantonsgericht ein Zeuge und der Beschuldigte widersprochen.
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Es ging um die Frage, ob der Mediziner angeboten habe, eine Ambulanz für einen Drogenkonsumenten zu rufen.
Der heute 80-jährige Zahnarzt war als Zeuge vorgeladen. Er hatte an jenem Sonntagnachmittag im Jahr 2013 den Arzt in der Notfallabteilung im Spital Obwalden aufgesucht, nachdem es ihm und seinem Sohn nicht gelungen war, einen damals 24-jährigen Freund seines Sohnes zu wecken, der bei ihnen zu Hause lag.
Das Opfer hatte Heroin und Schlafmittel konsumiert. Laut Aussagen des beschuldigten Arztes kam der ihm unbekannte Vater ins Spital und suchte ein informelles Gespräch. Dabei habe er verschwiegen, dass harte Drogen im Spiel sein könnten. «Ich war aufgrund der Aussagen voll überzeugt, dass es sich um eine harmlose Situation handelt», sagte der 58-jährige Mediziner.
Er habe ihm zuerst vorgeschlagen, eine Ambulanz zu rufen, damit der Betroffene untersucht werden könne. Im Verlauf des Gesprächs habe der Ratsuchende aber gesagt, er würde nur schlafen. «Es war für mich unmöglich, zu erkennen, dass es sich um eine Notfallsituation handelte», sagte der Angeklagte.
«Er wird wahrscheinlich aufwachen»
Im Zeugenstand bestritt der Zahnarzt, dass ihm der Notfallarzt angeboten habe, eine Ambulanz zu rufen. Er habe gefragt, ob ein Arzt vorbeikommen könne. «Der Doktor sagte, das sei leider nicht möglich. Wir sollen etwa bis 20 Uhr warten, er werde wahrscheinlich aufwachen, wenn es bis dann nicht besser wird, sollten wir den Rettungswagen rufen.«
Das habe er schliesslich getan. Dem Notruf sagte er damals gemäss Protokoll: «Die haben in der Nacht etwas Dummheiten gemacht.« Er habe gewusst, dass sein Sohn Drogen nahm, dass sie ein Schlafmittel eingenommen hätten und er habe auch geahnt, dass Heroin im Spiel sein könnte. Trotzdem erwähnte er beim Notruf nichts davon.
Das Opfer kam schliesslich in kritischem Gesundheitszustand ins Spital. Nach knapp einwöchiger Pflege auf der Intensivstation wachte der junge Mann aus dem Koma auf und verbrachte mehrere Wochen in der Reha.
Die Staatsanwaltschaft fordert für den Arzt eine Verurteilung wegen Unterlassung der Nothilfe. Dafür soll er eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 220 Franken und eine Busse über 2500 Franken bezahlen.