Ja zu Polizeigesetz freut Müller - Gegner wollen wachsam bleiben
Der Kanton Bern erhält ein totalrevidiertes Polizeigesetz. In einer Referendumsabstimmung hat das Volk die Vorlage wuchtig angenommen, wie die Staatskanzlei am Sonntag mitteilte.
209'382 Bernerinnen und Berner nahmen das Gesetz an, 64'555 lehnten es ab. Die Befürworter waren mit 76,4 Prozent also deutlich in der Überzahl. Die Stimmbeteiligung betrug 37,9 Prozent, wie die Staatskanzlei am Sonntag mitteilte.
Das Gesetz verbessert unter anderem die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und der Kantonspolizei; namentlich soll der administrative Aufwand verringert werden. Das war unbestritten.
Diverse Artikel sorgten indessen für Diskussionen. Dazu gehörte die geplante Übernahme von Polizeikosten durch die Veranstalter von unbewilligten Demonstrationen oder von Kundgebungen, die zu Ausschreitungen führen.
Umstritten waren auch ein Artikel zur Wegweisung von ausländischen Fahrenden sowie die Bestimmungen zur verdeckten Ermittlung.
«Vertrauen in Polizei»
Polizeidirektor Philippe Müller (FDP) freute sich am Sonntag über das «sehr gute Resultat». Er danke allen Stimmberechtigten für das Vertrauen in die Regierung und in die Polizei, sagte Müller vor den Medien im Berner Rathaus.
Das Votum sei «ein Statement gegen Pädophilie und Waffenhandel», fügte er an. Die hohe Zustimmung sei keine Selbstverständlichkeit. Sie zeige indessen, dass sich die Stimmbürger nicht von falschen Informationen hätten blenden lassen.
Der Polizeidirektor betonte, dass friedliche Demonstranten auch in Zukunft keine Kostenauflage zu befürchten hätten. «Für sie ändert sich nichts.» In Kraft treten wird das neue Gesetz nach seinen Worten am 1. Januar 2020.
Der Präsident des bernischen Polizeiverbands, SP-Nationalrat Adrian Wüthrich, sprach im Radio SRF von einem «schönen Resultat». Das neue Gesetz bringe einen Mehrwert für die Sicherheit im Kanton.
Fahrende und Linke enttäuscht
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) äusserte Bedauern. Der Fahrenden-Artikel verletze das Diskriminierungsverbot und den Minderheitenschutz.
«Das neue Gesetz schränkt die Rechte fahrender Minderheiten ein, ohne Lösungen zu präsentieren», erklärte Angela Mattli von der GfbV. Man werde die Auswirkungen des Artikels auf die Betroffenen genau beobachten.
Enttäuscht war auch das Nein-Komitee. Immerhin sei es gelungen, eine Debatte zu lancieren über die Wichtigkeit von Grundrechten wie der Versammlungs- und der Meinungsäusserungsfreiheit. Im übrigen bleibe die Forderung nach einer Ombudsstelle aktuell, denn es brauche eine unabhängige, demokratische Kontrolle der Polizei.
Genugtuung bei Bürgerlichen
Bei den bürgerlichen Parteien löste das Votum Genugtuung aus. So freute sich die SVP , dass es nun endlich griffige Mittel gebe, um gegen gewaltbereite Chaoten vorzugehen. Ebenso wichtig seien zum Beispiel die Verbesserungen im Bereich der polizeilichen Vorermittlung.
Die BDP wies darauf hin, dass das Gesetz Verbesserungen im Kampf gegen Internet-Kriminalität und häusliche Gewalt mit sich bringe. Für die Grünliberalen wird die bewährte Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kantonspolizei gefestigt, aber auch administrativ vereinfacht.
Die SP erwartet eine massvolle Umsetzung: Die Demonstrationsfreiheit müsse weiterhin garantiert werden. Auch die Grünen wollen bei der möglichen Überwälzung von Einsatzkosten an Demo-Veranstalter genau hinschauen.