Preisträgerin Terézia Mora kritisiert Hetzreden in Deutschland

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Deutschland,

Die Schrifstellerin Terézia Mora erhält heute Samstag den Georg-Büchner-Preis. Die Preisträgerin drückt ihr Besorgnis über «hetzerische Reden» aus.

Ernst Osterkamp (l), Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, übergibt im Darmstädter Staatstheater den Georg-Büchner-Preis 2018 an die deutsch-ungarische Schriftstellerin Terézia Mora (r). Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert.
Ernst Osterkamp (l), Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, übergibt im Darmstädter Staatstheater den Georg-Büchner-Preis 2018 an die deutsch-ungarische Schriftstellerin Terézia Mora (r). Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die deutsch-ungarische Schrifstellerin Terézia Mora erhält den Büchner-Preis.
  • In ihrer Dankesrede äussert sie sich besorgt um die Debattenkultur in Deutschland.

Die deutsch-ungarische Schriftstellerin Terézia Mora ist am Samstag in Darmstadt mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet worden. In ihrer Dankesrede äusserte sich die 47-Jährige besorgt über «hetzerisches Reden» in Deutschland – auf Regierungsebene und im Privaten.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung würdigt mit der Ehrung Moras «eminente Gegenwärtigkeit und lebendige Sprachkunst, die Alltagsidiom und Poesie, Drastik und Zartheit vereint». In der Urkunde heisst es: «Schonungslos nimmt sie in ihren Romanen und Erzählungen die Verlorenheit von Grossstadtnomaden und prekären Existenzen in den Blick und lotet die Abgründe innerer und äusserer Fremdheit aus.» Die mit 50'000 Euro (rund 57'000 Franken) dotierte Ehrung gilt als wichtigste literarische Auszeichnung in Deutschland.

Der Fisch stinkt von überall

In ihrer Dankesrede kritisierte Mora eine Veränderung der Debattenkultur: In den vergangenen drei Monaten habe sich die öffentliche wie die private Rede in eine Richtung radikalisiert, «die uns zu recht »besorgt« ... sein lässt», sagte die 47-Jährige im Staatstheater in Darmstadt.

«Früher konnte ich sagen: hetzerisches Reden findet in Deutschland wenigstens nicht auf Regierungsebene statt. Das kann ich so nicht mehr», sagte sie in ihrer als Brief an einen Freund verfassten Rede. «Der Fisch stinkt vom Kopf her, aber – machen wir uns nichts vor – auch überall anderswo.» Am Ende komme es darauf an, «was du tust oder nicht tust».

Radikalisierung auf höchster Ebene

Mora erinnerte auch an den ungarischen Schriftsteller Peter Esterházy (1950-2016), «gegen den, neben Anderen als »linksliberal« verschrieenen Künstlern und überhaupt gegen jede Form von Intellektualität, zur Zeit eine Kampagne in Ungarn läuft.» Mora gehört zu den Übersetzern Esterházys.

Die bereits mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin und Übersetzerin wurde in Ungarn geboren und wuchs zweisprachig auf. Seit 1990 lebt sie in Berlin. Für ihren Roman «Das Ungeheuer» – den zweiten Band einer Trilogie über das Leben des IT-Spezialisten Darius Kopp - bekam sie 2013 den Deutschen Buchpreis.

Weitere Auszeichnungen

Vor Mora war der österreichische Autor, Journalist und Übersetzter Martin Pollack mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essays ausgezeichnet worden. Er forderte in seiner politischen Dankesrede angesichts des Zulaufs zu rechten und rechtsextremen Parteien in Europa: «Für die Demokratie müssen wir kämpfen, jeden Tag.» Und: «Wir müssen alles tun, um die Zivilgesellschaft aufzurüsten und zu stärken.»

Der Kunsthistoriker und Publizist Wolfgang Kemp erhielt den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa. Beide Auszeichnungen sind mit je 20'000 Euro dotiert.

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vergibt den Büchner-Preis seit 1951 an Schriftsteller, die in deutscher Sprache schreiben. Zu den Preisträgern gehören Max Frisch (1958) und Günter Grass (1965) sowie zuletzt Jürgen Becker (2014), Rainald Goetz (2015), Marcel Beyer (2016) und im vergangenen Jahr der Lyriker Jan Wagner. Das Preisgeld stammt vom Bund, dem Land Hessen und der Stadt Darmstadt. Namensgeber ist der Dramatiker und Revolutionär Georg Büchner («Woyzeck»). Er wurde 1813 im Grossherzogtum Hessen geboren und starb 1837 in Zürich.

Weiterlesen

1 Interaktionen

Mehr in Lifestyle

Frau sitzt an einem Baum, Liebeskummer
3 Interaktionen
Hilton Salwa Beach Hotel im Sonnenuntergang am Meer
1 Interaktionen
Nackter Frauenoberkörper, Brustkrebs
2 Interaktionen
Schokolade

Mehr aus Deutschland

Sarah Connor
2 Interaktionen
Shirin David Netflix Doku
3 Interaktionen