Grosis & Enkel: So wird die Fernbeziehung stark
Zwischen vielen Grosseltern und dem Rest der Familie liegen viele Kilometer Mal eben umarmen geht dann nicht. Wie lässt sich mit der Entfernung umgehen?
Das Wichtigste in Kürze
- Echte Beziehungen wachsen im persönlichen Kontakt, auch von Grosseltern und Enkeln.
- Wer weit weg wohnt, kann zum Telefon, Sprachnachricht, Videocall oder zum Stift greifen.
- Kommt es bei der Begegnung zum Fremdeln, helfen Geduld – und Liebe.
Oma oder Opa zu werden, ist für viele das Allergrösste: Einen neuen Menschen beim Wachsen begleiten, die ersten wackeligen Schritte beklatschen. Und später dem Enkelkind heimlich einen Schokoriegel zustecken, von dem Mama und Papa nicht unbedingt etwas wissen müssen.
Doch nicht alle Grosseltern sind so nah dran, wenn die neue Generation in der Familie heranwächst. Manchmal liegen mehrere Autostunden Fahrt zwischen Enkelkind und Oma und Opa, manchmal sogar eine Landesgrenze oder eine Flugreise.
Mit dem Teddy vor der Webcam
Und so eine Fernbeziehung ist nicht immer einfach. «Die grösste Herausforderung ist, die Nähe zu behalten – oder sie überhaupt erst herzustellen», sagt Silke Geercken.
Die Journalistin und Buchautorin («Wir werden Grosseltern») spricht aus eigener Erfahrung. Als ihre Enkelin neun Monate alt war, zog ihr Sohn mit ihr für drei Jahre in die USA.
Die Lösung der Familie: regelmässige Videoanrufe. «Wir hatten einen festen Termin – jeden Sonntag um 18 Uhr», sagt Geercken.
«Ich habe mich mit einem Teddy und anderen Sachen ausgestattet und ein bisschen versucht, mich bemerkbar zu machen und sie anzusprechen.» Das gelang gut: Als Silke Geercken zu Sohn und Enkelin in die USA reiste, war das Eis schnell gebrochen.
Ohne persönliche Begegnung geht es nicht
Stichwort: Reisen. Ganz ohne den persönlichen Kontakt geht es nicht – auch wenn das Fahrerei oder sogar Fliegerei bedeutet.
«Denn Beziehungen wachsen dadurch, dass wir uns face to face sehen. Dass Grosseltern ihre Enkelkinder auf den Arm nehmen können, gerade bei kleinen Kindern», sagt Brigitte Zwenger-Balink.
Die Pädagogin und Familientherapeutin hat für ihr Buch «Zum Glück gibt's Oma und Opa» auch mit Grosseltern gesprochen, die weit entfernt von ihren Enkeln leben.
Am Ende macht's die Mischung: Auf der einen Seite die regelmässigen Besuche, bei denen Enkel und Grosseltern vom Frühstück am Morgen bis zum Vorlesen am Abend gemeinsame Zeit auskosten können.
Und auf der anderen Seite der Kontakt, wenn man sich gerade nicht vor Ort sehen kann – am Telefon, per Sprachnachricht oder im Videocall.
Ein kleines Päckchen von Oma
Doch auch Grossmütter und Grossväter, die nicht so sehr in der digitalen Welt zu Hause sind, müssen sich nicht schlecht fühlen. Denn Postkarten, Briefe oder Päckchen eignen sich ebenfalls, um Kontakt zu halten.
Ganz generell gilt: «Das alles sind Punkte, die die Grosseltern leisten müssen», sagt Familientherapeutin Zwenger-Balink. «Sie haben die Federführung. Die kleinen Kinder können das nicht.»
Voraussetzung für eine gute Fernbeziehung zwischen Enkeln und Grosseltern ist natürlich, dass die Generation dazwischen mitzieht und den Kontakt zwischen Grosseltern und Enkeln nicht blockiert.
«Je schwieriger das Verhältnis zu den erwachsenen Kindern ist, desto schwieriger ist auch das Kontakthalten zu den Enkelkindern», fasst Zwenger-Balink zusammen.
Ihr Rat: Sich wenig in die Familie der erwachsenen Kinder einmischen. Man dürfe seine Meinung haben, man dürfe auch mal nicht mit den Entscheidungen der Kinder einverstanden sein. «Aber die jungen Eltern sollen, ja müssen ihre Erfahrungen selbst machen.»
Wenn das Enkelkind fremdelt
Gerade bei sehr kleinen Kindern sollte man die eigenen Erwartungen zudem nicht zu hoch setzen. «Wenn das Kind erst sechs Wochen alt ist, ist es natürlich schwer, Nähe herzustellen», sagt Silke Geercken.
Aber: Je älter die Kinder werden, desto mehr bekommen sie mit und bilden Vertrauen.
«Es ist für Grosseltern wichtig zu wissen, dass es bestimmte Phasen gibt, in denen Kinder sehr zurückhaltend sind», so Zwenger-Balink. Nähe lässt sich dann am besten durch Behutsamkeit schaffen.
Also das Kind vielleicht nicht direkt fest in den Arm nehmen, sondern lieber mit einer Geschichte oder dem gemeinsamen Blättern im Bilderbuch Nähe aufbauen.
Doch auch wenn es die Grosseltern sind, die die Beziehung zu den Enkeln gestalten müssen – eine Einbahnstrasse ist diese ganz sicher nicht.