Seline, 26, leidet an der unheilbaren Krankheit Morbus Crohn. Im zweiten Teil der Serie erzählt sie, wie sie lernte, mit der Erkrankung umzugehen.
Hand an einem Fenster.
Seline hat die Krankheit Morbus Crohn. - unsplash

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Krankheit Morbus Crohn ist eine chronische Darmschleimhautentzündung.
  • Für Nau.ch erzählt Seline ihren Leidensweg mit der Krankheit.
  • Nicht immer ist eine Krankheit sichtbar, die die Menschen mit sich herumtragen, so Seline.
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Das Leben von Seline hat sich vom einen auf den anderen Tag verändert. Die Krankheit Morbus Crohn, eine unheilbare Darmschleimhautentzündung, hat nicht nur die Beziehung zu ihrem Freund geprägt, sondern auch ihr Chef schien sich gegen sie zu wenden. In Teil 1 der Serie erzählt sie, wie es ihr dabei ging.

Schliesslich nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand und trennt sich von ihrem Freund, der wenig Verständnis zeigte. Auch ihrem schikanierenden Chef kehrt sie den Rücken. Hier erzählt sie, wie sie das alles geschafft hat und wieder Freude in ihrem Leben fand.

Da war das Mass voll

An einem Herbsttag war das Mass voll, ich kündigte. Meinem damaligen Partner passte das gar nicht. Ich lernte an diesem Tag jedoch eines über mich. Gesundheit geht vor. Auch wenn er mich verurteilte, ich musste auf mich Rücksicht nehmen, ob es ihm passte oder nicht.

Ein paar Tage später lag ich erneut im Krankenhaus. Mir ging es wieder einmal nicht besonders gut. Mein Eisen war am Boden und mein Gewicht war unter 55 Kilogramm gerutscht – bei einer Grösse von 165 Zentimeter.

Ich liess mich wieder einmal beraten, welche Ernährung ich zu mir nehmen durfte. Auf dem Speiseplan stand Schonkost. Verboten waren rohes Gemüse, während den Schüben Milchprodukte, Scharfes, Pfeffer und rohen Zwiebeln. Am besten sollte ich mich vegan ernähren (ich liebte Fleisch)!

Blonde Frau im Schatten.
An einem Herbsttag war das Mass voll. - unsplash

Die Klogänge wurden danach wieder einigermassen erträglich. Nach der Kündigung schlief ich auch ab und zu durch.

Müde vom ständigen Streiten und Rechtfertigen

Auch von meinem damaligen Partner trennte ich mich. Ich war müde vom ständigen Streiten, vom Rechtfertigen und erklären, weshalb ich den Job hingeschmissen hatte.

Nach der Trennung ging es mir besser. Ich hörte stärker auf mich und schlief seit mehreren Jahren wieder durch.

Ich fing einen neuen Job an, bei dem ich neue Menschen kennenlernte. Da habe ich sogar meine beste Freundin kennengelernt, die mich so akzeptiert, wie ich bin, auch wenn ich ihr kurzfristig ein Treffen absagen muss.

Auch mit der Liebe klappte es wieder. Von Anfang an habe ich ihm von meinem Handicap erzählt. Wir waren sehr offen mit unseren Ängsten und Wünschen. Das half.

Mit dem neuen Job und einem neuen Mann an meiner Seite wurden die Schübe viel seltener. Er akzeptiert mich wirklich wie ich bin. Mit der Krankheit umzugehen ist auch nach sechs Jahren nicht leicht, aber machbar.

Paar schaut auf beleuchtete Stadt.
Er akzeptiert mich wirklich, wie ich bin. - pexels

Leider habe ich meine Arbeit nach der Probezeit wegen der Krankheit wieder verloren. Einen neuen Job zu finden ist nicht leicht. Ich weiss, rechtlich müsste ich von der Krankheit nichts erwähnen, aber es würden einige Fragen auftauchen, wenn ich jeden Monat wiederholt mehrere Tage krankheitshalber zu Hause bleibe – so wie das auch bei meiner letzten Arbeitsstelle der Fall war.

Durch Krankheit Freude an kleinen Dingen

In den letzten Jahren lernte ich dennoch die Krankheit zu akzeptieren und mit ihr umzugehen.

Durch Morbus Crohn habe ich weniger Vorurteile, weniger Zweifel, weniger Angst, mehr Akzeptanz, mehr Verständnis, mehr Geduld, mehr Liebe für mich und andere. Und das Wichtigste für mich, ich habe mehr Freude an Kleinigkeiten als andere.

Es ist nicht immer nur ein gebrochenes Bein, sondern auch mal etwas Unsichtbares, das ein Mensch mit sich trägt.

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Beitrag verfasst von Seline, 26, aus Brienz

Teil 1: Morbus Crohn hat mein Leben auf den Kopf gestellt

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