Vegan im Sport: «Und woher bekommst du deine Proteine?»
Sie wollen Ihre sportlichen Leistungen verbessern und möcht dabei vegan essen? Ob das förderlich ist, erklärt die Ernährungsberaterin Amélie Lustenberger.
Das Wichtigste in Kürze
- Spitzensportler zeigen, dass Höchstleistungen mit einer veganen Ernährung möglich sind.
- Wer unter fünf Stunden pro Woche Sport treibt, benötigt keine spezielle Sporternährung.
- Leistungssportlern bietet eine pflanzenbasierte Ernährung sowohl Vor- als auch Nachteile.
Ob eine vegane Ernährung im Sport Vorteile bietet oder sich negativ auswirkt, wird oft dogmatisch diskutiert: Entweder gilt die pflanzliche Ernährung als Wundermittel oder sie wird als mangelhaft abgetan.
Die Wahrheit liegt – wie so oft – irgendwo dazwischen, wenn es rein um die sportliche Leistung geht. Denn neben dem Leistungsaspekt gibt es andere Gründe, die für eine vegane Ernährung sprechen, wie das Tierwohl und ökologische Überlegungen.
Profisportler wie Formal-1-Weltmeister Lewis Hamilton, Basketballspieler Chris Paul oder die Surferin Valeska Schneider zeigen, dass es möglich ist, mit einer veganen Ernährung Spitzenleistungen zu erzielen.
Hinzu kommt, dass im öffentlichen Diskurs oft über die Risiken einer veganen Ernährung aufmerksam gemacht wird. Viel zu selten wird hingegen über die Problematik eines hohen Fleischkonsums diskutiert, insbesondere bei stark verarbeiteten Produkten wie Wurstwaren oder Burger.
Dabei sind viele der gängigen Volkskrankheiten, wie Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte und hoher Blutdruck auf einen übermässigen Verzehr dieser Produkte zurückzuführen.
Sporternährung erst bei mehr als 5 Stunden Sport
Doch was bedeutet dies nun für Sportlerinnen und Sportler? Viele Menschen sehen sich viel zu schnell in der Kategorie «Sportler» und glauben, sie müssten ihre Ernährung anpassen.
Wer einen Bürojob hat und zweimal in der Woche 30 Minuten Joggen oder ins Fitnessstudio geht, muss aber keiner speziellen Sporternährung nachgehen, sondern kann sich an den allgemeinen Grundsätzen der gesunden Ernährung der Schweizer Gesellschaft für Ernährung orientieren, die auch vegan umsetzbar sind.
Erst für Personen, die über fünf Stunden pro Woche intensiv trainieren, wird eine Sporternährung relevant und diese Menschen sollten die folgenden Aspekte beachten:
Wasser, Wasser und nochmals Wasser
Trinken ist beim Sport das A und O. Wer mehr Sport macht, braucht mehr Flüssigkeit, und zwar 0.4 bis 0.8 Liter zusätzlich pro Stunde Sport.
Wobei nicht nur die Flüssigkeitszufuhr während des Sports entscheidend ist, sondern auch sichergestellt werden sollte, dass der Tank in den Tagen zuvor immer gut aufgefüllt wurde. Das heisst 1.5 bis 2 Liter über den Tag verteilt trinken.
Da Wasser bekanntlich vegan ist und einer der wichtigsten Elemente für eine erfolgreiche sportliche Leistung darstellt, können wir hiermit schon einen Punkt abhaken.
Ausdauersport und Kohlenhydrate
Personen, die Ausdauersport betreiben, benötigen mehr Kohlenhydrate, da sie viel Energie verbrennen, die sie über Kohlenhydrate schnell wieder aufnehmen können.
Dies betrifft beispielsweise Marathonläufer, Radfahrer oder Langläufer. Ihnen wird empfohlen pro Stunde Sport eine Portion Kohlenhydrate zusätzlich zu verzehren.
Dies entspricht in etwa 100 Gramm Brot. Und auch hier wird klar, dass dieser Mehrbedarf sehr gut über vegane Produkte gedeckt werden kann: Sämtliche Vollkornprodukte, Brot, Pasta, Reis und Kartoffeln sind gute vegane Kohlenhydrat-Lieferanten.
Knackpunkt Proteine
Insbesondere beim Kraftsport spielen Proteine eine wichtige Rolle. Die Empfehlungen für eine optimale Proteinzufuhr schwanken zwischen 0.8 bis 1.5 g pro kg Körpergewicht pro Tag.
Tatsächlich ist es so, dass eine vegane Ernährung in der Tendenz weniger proteinreich ist und dass die pflanzlichen Proteine weniger gut vom Körper aufgenommen werden.
Doch wer sich ein bisschen bemüht, kann seinen Bedarf trotzdem gut decken. Dies, indem er auf pflanzliche Proteinlieferanten wie Soja, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen setzt und sicherstellt, dass die pflanzlichen Proteine vielseitig kombiniert werden, um die Aufnahme zu erhöhen.
Und ein letzter Tipp: Für den Muskelaufbau ist nicht nur die Menge der Proteine relevant, sondern vor allem auch, wann die Proteine zugeführt werden.
Idealerweise werden Proteine innerhalb einer Stunde nach dem Sport eingenommen. So können sich die Muskeln ideal regenerieren und aufbauen.
Vorteil von vegan: Mehr Gemüse und Früchte
Zu guter Letzt noch zu einem der grossen Vorteile von Veganismus im Sport. Eine pflanzliche Ernährung geht oft mit einem erhöhten Konsum von Gemüse und Früchten einher.
Diese enthalten viele Vitamine und Mikronährstoffe, die für eine gute Funktion des Körpers entscheidend sind und somit auch zu besseren sportlichen Leistungen beitragen.
Hinzu kommt, dass Früchte und Gemüse viele Ballaststoffe enthalten, die zu einer gesunden Verdauung führen, was sich langfristig ebenfalls positiv auf die physische Leistungsfähigkeit auswirkt.
Fazit: Sie müssen nicht, aber sie können!
Eine vegane Ernährung allein wird Sie wahrscheinlich nicht zu einer besseren Sportlerin oder einem besseren Sportler machen. Vollwertige pflanzenbasierte Nahrung wird Ihnen aber auch nicht schaden.
Falls Sie sich also aus ökologischen Gründen oder aufgrund des Tierwohls für eine vegane Ernährung entscheiden, sollten Bedenken bezüglich Ihrer sportlichen Leistung Sie auf keinen Fall davon abhalten.
Im Gegenteil, die vegane Ernährung kann für Sportler auch Vorteile bieten.
Amélie Lustenberger ist in Fribourg geboren. Sie arbeitet als Kommunikationsspezialistin und ist diplomierte Ernährungsberaterin in Bern. In Ihrer Tätigkeit als Ernährungsberaterin begleitet sie Menschen auf ihrem Weg zu einer vegetarischen und veganen Ernährung, beratet zum Thema Sporternährung und hilft Personen ihr Wohlfühlgewicht zu finden.