Bunt statt schwarz: Warum auch eine Beerdigung Freude machen kann
Wenn jemand gestorben ist, ist das vor allem erst einmal eines: sehr traurig. Doch es gibt Menschen, die wünschen sich einen bunten Abschied.

Das Wichtigste in Kürze
- Abschiedsrituale haben sich in dentzten Jahren verändert, es darf auch bunt sein.
- Manche Menschen wünschen sich für ihre Beisetzung eine fröhliche und bunte Atmosphäre.
- Gibt es bei Angehörigen Widerstände, sollte dies angesprochen werden.
Zugegeben, zunächst erscheint es etwas seltsam, zu sehen, wie in Ghana eine Beerdigung abläuft. Mit Trauer scheint es auf den ersten Blick wenig zu tun zu haben, wenn Gäste in leuchtenden Farben zu lauter Musik am Sarg tanzen. Und doch: Auch hierzulande gibt es längst alternative Beerdigungen, die auch das Leben feiern.
«Ich habe schon erlebt, wie mit Feuerkorb, Gitarre und Urne am Strand gefeiert wurde. Oder am offenen Sarg in einer Hochzeitslocation», berichtet Bestatterin Nadine Weske, die sich jedoch lieber «Abschiedsplanerin» nennt.
Passend zu dem, was sich viele ihrer Kunden inzwischen zum Ende ihres eigenen Lebens oder dem ihrer Angehörigen wünschen: ein Abschieds- oder Lebensfest.
Lebensfilm zu Popcorn und Urne
So wie neulich, als ein ALS-Patient, der nicht mehr lange zu leben hatte, noch eine «richtig dicke Party» gefeiert habe. «Die Stimmung war toll, er wurde auf die Tanzfläche geholt, alle haben um ihn herum getanzt und geweint – gleichzeitig», schildert sie.

Auch in einem Kinosaal habe sie schon einmal für eine Filmemacherin ein Abschiedsfest organisiert: «Da stand dann die Urne vorne, es wurde ihr Lebensfilm gezeigt und dazu gab es Popcorn.»
Letzter Wunsch: «Zieht fröhliche Kleidung an!»
Viele Menschen legen die Wünsche für ihre Abschiedsfeier zu Lebzeiten fest: «Bitte zieht fröhliche Kleidung an!» oder «Ich möchte, dass gelacht und getanzt wird!», heisst es in Vorsorgevereinbarungen. Dazu werden Lieblingsgerichte, Playlisten oder persönlich bedeutsame Orte für Trauerfeier oder Bestattung bestimmt.
Die Wahl der Möglichkeiten und der individuellen Ausgestaltung sei dabei riesig: Angefangen vom Selbstgestalten der eigene Särge und Urnen über Trauergäste in Fan-Club-Trikots bis zu Motorrädern auf Friedhöfen mit Beiwagen für den Sarg- oder Urnentransport.
«Highway to hell» beim Auszug aus der Kapelle
Trauerbegleiterin Carmen Birkholz hat schon mehrfach Motorradfahrer beerdigt. Gerade in dieser Szene gebe es viele Rituale. Auch das Lied «Highway to hell» sei dabei schon beim Auszug aus der Kapelle gespielt worden.
Für Birkholz ist ganz klar: Wenn sich der Verstorbene etwas gewünscht hat, ist das die Autorität. «Ganz gleich, was andere davon halten.»

Doch meist sind auch Angehörige und Freunde auf derselben Wellenlänge. Wie bei dem Abschiedsfest für jenen jungen Mann von der Mosel, der immer gerne gefeiert und sich im Karneval als Bacchus verkleidet habe.
«Da war vollkommen klar, dass es auch bei der Trauerfeier sehr bunt zugeht», sagt Birkholz. Und zugleich feierlich: So sei es dem Lebensgefährten des Krebskranken wichtig gewesen, ihn mit der Urne im Arm selbst zu Grabe zu tragen. Danach wurde bei einem Sektempfang gefeiert.
«Das war für alle stimmig», sagt die Theologin. «Weil es beides war: Es hatte den Moment von Trauer, aber auch Schönheit.»
Die Trauerkultur entwickle sich neu. «Viele möchten sich nicht mehr in ein schwarzes Korsett pressen lassen, sondern auch mit jenen alltäglichen und bunten Symbolen Abschied nehmen, die eh zum Leben gehörten», registriert Birkholz.
Gerade in der homosexuellen Szene sei man es gewohnt, Konventionen zu brechen. Auch bei Bestattungen. Und auch verwaiste Eltern täten dies oft: «Sie bemalen Särge, lassen bunte Ballons steigen oder grillen auf dem Friedhof.»
«Das gehört sich nicht»: Mit Skeptikern reden
Was aber, wenn es Angehörige oder Freunde gibt, die empört über diese neue Art der Trauer sind? «Im Zweifelsfall muss man durch diesen Konflikt durch», sagt Birkholz.

Wichtig sind der Mediatorin jedoch auch Gespräche, in denen die Bedenken ernstgenommen werden. Denn das könne helfen. «Oft lassen sich Skeptiker gewinnen, wenn sie merken, dass es darum geht, dem Verstorbenen gerecht zu werden.»
Auch Nadine Weske stösst mit ihrer Gestaltung der Abschiedsfeiern nicht nur auf Begeisterung. «Das gehört sich nicht», hiesse es manchmal. «Dann frage ich immer: Aber was genau denn nicht? Denn den letzten Wunsch eines Menschen umzusetzen und ihm ein schönes Fest zu bereiten, da kann ja keiner etwas dagegen haben.»