Deshalb werden Crashtest-Dummys immer menschlicher
Wie sicher ist das Fahrzeug? Auskunft darüber geben uns Crashtests: mit Dummys. Testergebnisse werden immer präziser – denn Dummys werden immer menschlicher.

Das Wichtigste in Kürze
- Dummys helfen, Zusammenstösse und die Wirkung auf den menschlichen Körper zu simulieren.
- Der typische Dummy entspricht mit 78 kg und 1,78 m dem europäischen 50-Perzentil-Mann.
- Der moderne Dummy kommt mit künstlichen Knochen sowie Silikon-Organen und Latex-Haut.
Keine blockierenden Räder oder quietschenden Reifen. Ungebremst rast das Auto ins Hindernis. Glas splittert, Blech verformt sich, und im Innenraum wird ein Dummy herumgeschleudert.
Seit Jahren konstruieren Forscher auf diese Weise Zusammenstösse, um die Sicherheit von Fahrzeugen zu erhöhen oder um Unfälle zu rekonstruieren. Mit einer neuen Dummy-Variante können sie nun auch innere Verletzungen darstellen.
Es ist mehr als 20 Jahre her, seit der Berliner Unfallforscher Michael Weyde feststellte, dass er mit konventionellen Dummys keine forensischen Versuche für Gerichtsverfahren durchführen kann.
«Bei Autounfällen mit Fussgängern oder Radfahrern waren die konventionellen Dummys zu starr und zu gestaltfest. Die Schäden an den Fahrzeugen tauchten in der Realität nicht auf», sagt er.
Statt der Knochen brachen die Stossstangen der Autos. Nur die Schäden an Windschutzscheiben und Dächern entsprachen der Wirklichkeit.
Also optimierte Weyde die Standard-Dummys kurzerhand. Am Anfang wollte er damit Schäden am Fahrzeug auswerten, merkte aber, dass sich mit dem entsprechenden Ersatzkörper auch realistische Verletzungen darstellen lassen.

2010 dann die Weiterentwicklung: Michael Weyde entwirft seinen eigenen Biofidel-Dummy. Ein Dummy also, der dem Körperbau des Menschen nahekommt und mit dessen Hilfe sich Verletzungen sehr viel besser auswerten lassen.
Statt Verbindungen zwischen Körperteilen wie Bolzen-Gabelgelenke aus dem Maschinenbau schweben ihm Stempelgelenke wie beim Menschen vor. Eine wesentlich realistischere Nachbildung.
Um Knochen darzustellen, verwendet er anfangs verschiedene Holzarten wie Fichte oder Eichenholz.
Der Dummy wiegt immer 78 Kilogramm und ist 1,78 Meter gross
Gemeinsam mit Studenten der HTW Dresden und der TU Berlin entwickelt Weyde den Dummy weiter, findet Stoffe und Materialien, die der Zug-, Druck- und Biegefestigkeit von Knochenmaterial entsprechen und giesst sie in Formen, die Knochen ähneln.
Dann folgt die dritte Generation des Biofidel-Dummys: Ein spezielles Silikon bildet nun auch Weichteilgewebe, Muskeln und Fett nach und gleicht in der Verformung den menschlichen Entsprechungen.
Dazu kommt eine neuartige Haut aus einer Latex-Mischung.
Für die Produktion vergleichbarer Dummys findet der Gutachter einen Partner, der den Biofidel-Dummy inzwischen weltweit vertreibt. Damit sind nun viele Crashtests darstellbar, die vorher so nicht möglich gewesen sind.
«Wir haben gemerkt, dass bei bestimmten Zusammenstössen Beine und Rippen brechen», sagt Michael Weyde. Und dass der Dummy schon bei einem Aufprall von 30 Kilometern pro Stunde aufs Dach fliegt.

Der Dummy sieht dabei immer gleich aus: Er misst 1,78 Meter und wiegt 78 Kilogramm. Das entspricht genau dem europäischen 50-Perzentil-Mann.
Bedeutet: Die Hälfte der europäischen Männer hat Masse, die darüber liegen, die andere Hälfte hat Masse, die darunter liegen.
Kinder aber, Frauen sowie sehr grosse oder dicke Männer deckt der Dummy nicht ab. In den nächsten Jahren könnte sich das nach Weydes Einschätzung ändern.