Herz-Spezialist: «Darm und Herz von Vegetariern sind gesünder»

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Zürich,

Die Bakterien in unserem Darm essen, was wir essen. Was sie danach ausstossen, beeinflusst die Gesundheit unseres Herzens – bis es um Leben und Tod geht.

Das Geheimnis Darmflora
Das Geheimnis Darmflora: Je gesünder wir essen, desto besser geht es den Bakterien in unserem Bauch – und damit auch unserem Herzen. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Drei Milliarden Bakterien leben in und auf unserem Körper.
  • Die Abfallprodukte dieser Bakterien können unsere Herzgesundheit beeinflussen.
  • Die Bakterien von Vegetariern beispielsweise stossen gesündere Stoffe aus.

Dass Herzschmerz auf den Magen schlagen kann, wissen wir schon lange. Dass der Magen aber einen Herzinfarkt verursachen – oder zumindest mitverantworten – kann, ist neu. Um besser verstehen zu können, welche Verbindungen zwischen Herz und Darm bestehen, hat der Kardiologe Thomas F. Lüscher sich mit Gastroenterologen, Magen-Darm-Spezialisten also, zusammengetan.

«In und auf unserem Körper leben rund drei Milliarden Bakterien. Damit haben wir mehr Bakterien in uns, als eigene Zellen», sagt Lüscher. Dass das, was diese Bakterien tun, einen Einfluss auf unseren Körper hat, scheint unausweichlich.

Mehr Bakterien als Mensch

«Diese Bakterien haben wie wir einen Stoffwechsel. Sie essen, was wir essen, und scheiden Exkremente aus», erklärt Lüscher weiter. Die von Mensch zu Mensch individuelle Zusammensetzung der Bakterien und Sporen im Darm, bezeichnen Mediziner als «Mikrobiom».

Je nach dem, was wir essen, beeinflusst das einerseits, welche Bakterien überhaupt in unserem Darm leben – und von welcher Sorte wie viele. Und es beeinflusst auch, welche Stoffe vom Mikrobiom ausgeschieden werden.

Professor Thomas F. Lüscher, Director of Research, Education & Development und Consultant of Cardiology am Royal Brompton & Harefield Hospital Trust und Imperial College in London und Leiter des Centers for Molecular Cardiology, Campus Schlieren, der Universität Zürich.
Professor Thomas F. Lüscher, Director of Research, Education & Development und Consultant of Cardiology am Royal Brompton & Harefield Hospital Trust und Imperial College in London und Leiter des Centers for Molecular Cardiology, Campus Schlieren, der Universität Zürich. - Thomas Lüscher

«Verschiedene Stoffe, die das Mikrobiom ausscheidet, schaden dem Herz-Kreislauf-System. Sie sorgen dafür, dass sich in den Arterien Plaques und Thromben bilden. Das führt dazu, dass die Arterien sich verschliessen», so der Kardiologe. Da es zu einem Herzinfarkt kommt, wenn ein Blutgefäss, das den Herzmuskel versorgt, verstopft, «steigt das Herzinfarkt-Risiko an, je grössere Mengen dieser ungesunden Stoffe, die das Mikrobiom ausscheidet, in den Kreislauf gelangen.

Vegetarier sind gesünder

«Besonders wer viel Fleisch, Eier oder Schalentiere isst, hat ein Mikrobiom in seinem Darm, dass grosse Mengen dieser ungesunden Stoffe (namentlich: Trimethylamine) ausscheidet», so Lüscher. «Wer sich also vegetarisch oder gar vergan ernährt, hat zumindest aus dieser Perspektive ein geringeres Herzinfarkt-Risiko», so Lüscher weiter.

Bakterien Symbolbild
Die Wissenschaftler möchten herausfinden, ob diese Art der DNA auch bei anderen Bakterien zu finden ist. - Pixabay

Das Wissen um den Zusammenhang zwischen Darmaktivität und Herz könnte helfen, das Infarktrisiko besser einzuschätzen und früh genug eingreifen zu können. «Zudem arbeitet man in anderen Bereichen, zum Beispiel beim Reizdarm, bereits mit Stuhltransplantationen.»

Man entnimmt also das Mikrobiom einer gesunden Person, präpariert es und gibt es als Kapsel an eine kranke Person ab. «Wenn sich im Darm der kranken Person das gesunde Mikrobiom ausbreitet, kann das zu einer deutlichen Verbesserung des Reizdarmsyndroms führen.»

Stuhl transplantieren

Lüscher spielt nun mit der Idee, dass das gleiche Vorgehen auch Menschen mit hohen Herzinfarkt-Risiko helfen könnte. «Wenn man den Stuhl eines gesunden, sportlichen, jungen Menschen auf einen älteren, kranken Patienten überträgt, könnte das dessen Gesundheit sehr positiv beeinflussen.»

Bis jetzt sei das aber nur eine Idee, «die Umsetzung in Form einer Studie steht noch an».

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