Das Mädchen ohne Arme

Familie Mettler
Familie Mettler

Bern,

Ananas, Pestizide und Grosskonzerne

Das Wichtigste in Kürze

  • Ananas sind kurz und rund.
  • In Costa Rica wurden Wälder zugunsten Ananasplantagen abgeholzt.

Die folgende Geschichte ist eine Mischung aus Hörensagen und selbst Erlebtem. Wir hörten die Geschichte in der Longo Mai in Costa Rica. Die Longo Mai ist eine Kooperative für Flüchtlinge, etwa 70 Kilometer von der Grossstadt San Isidro entfernt. Wir waren dort zu Gast und uns wurden viele Geschichten erzählt. Die Geschichten der Flüchtlinge aus El Salvador waren grässlich. Beispielsweise seien Kinder auf offener Strasse von Polizisten abgeknallt worden. Das ist die Heimat, aus der sie flohen. Männer bekämpften sich mit hohen Verlusten in Kämpfen zwischen Regierung und Opposition. Und Frauen wurden vergewaltigt. Egal, ob in ihren Häusern oder auf der Flucht in ein besseres Leben.

Die folgende Geschichte, die sie uns erzählten, ist weit weniger brutal. Oder doch? Von der Longo Mai führt eine Strasse in die Stadt Buenos Aires. Eine leicht abfallende Strasse, etwa 50 Kilometer lang. Wir sind diese Strasse mit den Velos gefahren. Auf den ersten Blick eine schöne Strecke. Blauer Himmel, Sonnenschein und der Wind im Gesicht.

Ananas sind nicht gleich Ananas

Links und rechts der Strasse pranken Ananasfelder, soweit das Auge reicht. Früher waren da Wälder, die man, so wurde uns erzählte, abholzte, um Ananas zu pflanzen. Ananas, die nach Europa verschifft werden. Die feine Köstlichkeit aus Costa Rica wird für einen Brunch oder als Dessert in der Schweiz serviert.

Die Ananas, die wir in der Schweiz assen, sind nicht zu vergleichen mit den feinen Früchten hier vor Ort. Die Ananas im warmen Costa Rica sind saftig und süss. Und seit ich auf Weltreise bin, weiss ich nicht, ob ich in Europa je wieder Ananas essen kann. Ich glaube, ich würde verzweifeln. Was mir immer mehr bewusst wird, ist wie weit der Weg ist, den die Ananas zurücklegen, bis sie in der Obstabteilung unserer Supermärkte liegen.

Zurück zum Thema. Die Flüchtlinge der Longo Mai erzählten uns, das hier in der Kooperative ein Mädchen wohnt. Ein Mädchen ohne Arme. Für unsere Gastgeber ist klar, dass das Mädchen seit Geburt keine Arme hat, weil die Eltern des Mädchens ihr Leben lang auf den Ananasplantagen arbeiteten. Dort atmen sie Tag für Tag die Pestizide auf den Feldern ein. Dass das Mädchen keine Arme hat, das sei wegen dieser Gifte, so unsere Gastgeber.

Ob das stimmt oder nicht wissen wir nicht. Wir sahen das Mädchen, wir sahen die Felder und wir sahen die Arbeiter mit Gasmasken. Wir persönlich glauben der Geschichte, die uns die Leuten aus El Salvador erzählten. Die Leute, die schon viel schrecklicheres gesehen haben. Und egal, ob die Pestizide der Grund dafür sind, dass das hübsche Mädchen keine Arme hat. Ananas die mit Gift gespritzt sind, können nicht gesund sein.

Übrigens, die Ananas, die ohne Pestizide wachsen, sind klein und rund. Nicht schmal und lang wie die Ananas, die ich aus dem Supermarkt in Europa kenne.

Mehr Geschichten aus Latinamerika? Hier ist unser Blog

Kommentare

Weiterlesen

6 Interaktionen
Experte gibt Auskunft
Ausbildung
Promotion

MEHR AUS STADT BERN

luzerner zeitung zuger
2 Interaktionen
«Weiter nach rechts»
Ostukrainekonflikt Botschaft Bern Demo
1 Interaktionen
Für Abstimmung
schweizer armee
4 Interaktionen
Verteidigung