«Kein Tourismus ist auch keine Lösung»
Auf der indonesischen Insel Flores soll nachhaltiger Tourismus der Bevölkerung neue Perspektiven eröffnen. Mit dabei: ein Schweizer Reiseveranstalter.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Bevölkerung von Flores leidet unter Armut, entsprechen gross ist die Abwanderung.
- Ein nachhaltiger Tourismus soll den Menschen vor Ort nun neue Perspektiven eröffnen.
- Eine wichtige Rolle nimmt dabei der Schweizer Asienreise-Veranstalter Asia365 ein.
- Ruth Landolt erzählt, was es mit der Initiative auf sich hat.
Ob es eine Folge der Pandemie ist, darüber kann Ruth Landolt nur werweissen. Eines aber stellt die Asienkennerin und Reisespezialistin ganz klar fest: «Die Nachfrage nach abgelegenen Reisezielen ist hoch.»
Mit Flores hat Asia365 eine Destination im Portfolio, die solchen Wünschen in nichts nachsteht. Denn die rund 350 km mal 63 km grosse Insel im indonesischen Archipel ist bei Reisenden noch weitestgehend unbekannt.
Sie wird fast immer nur als Sprungbrett in die Nationalparks Komodo und Kelimutu genutzt.
«Dabei hat die Insel so viel mehr zu bieten», erzählt Landolt. Und gerät ins Schwärmen über urchige Dörfer mit gut erhaltenen Häusern, von traditionellen Stämmen, die ihre Naturreligionen und Bräuche pflegen. Und von einer Natur, die spektakuläre Entdeckungstouren erlaubt.
Projekt «10 new Bali»
«Wir versuchen Flores auf die Landkarte zu bringen», holt Landolt aus. Es ist ein Bestreben, das verschiedene Zwecke verfolgt.
Davon ist das Erschliessen einer neuen touristischen Destination für die entdeckungsfreudige Kundschaft von Asia365 nur einer ist. Denn Indonesien ist ein Schwerpunktland der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung des Staatssekretariats für Wirtschaft.
«Das SECO ist an uns herangetreten, um mit Know-How einen Community-based Tourism zu entwickeln», erklärt die Asienexpertin. Damit unterstützt man auch die Bestrebungen der indonesischen Regierung. Diese will den wichtigen Tourismussektor stärken und gerechter im 270 Mio Einwohner Staat verteilen.
«10 New Bali» heisst die entsprechende Strategie. Das Ziel: die von Overtourism geplagte Götterinsel zu entlasten und gleichzeitig andere Destinationen am Besucheraufkommen teilhaben zu lassen.
Dank des vor allem für seine Riesenechsen bekannten Komodo-Nationalparks sieht Flores schon heute Touristen kommen und gehen.
«Die Leute fliegen her, gehen ein zwei Tage in den Park, und reisen wieder ab. Der Bevölkerung bleibt nichts davon» fasst Ruth Landolt die Problematik zusammen.
Die Insel ist arm, die Jungen wandern ab – Perspektiven gibt es keine. Bringt das Projekt den gewünschten Erfolg, dürfte sich das ändern.
Partizipation und Zusammenarbeit
Um Flores beim Aufbau eines nachhaltigen Tourismus zu unterstützen, wurden verschiedene Dörfer ausgewählt. Eines davon am Rande des Kilimuto Nationalpark mit seinen eindrücklichen Vulkanseen.
Ausser dem liegengebliebenen Abfall auf dem Parkplatz hatten die Dorfbewohner bis anhin nichts von der Sehenswürdigkeit auf ihrem Gemeindegebiet.
Ein Problem in zweifacher Hinsicht: Das (inexistente) Abfallmanagement gilt als grösste Herausforderung Indonesiens. Und weil es zum Ort keine Strasse gibt, fanden keine Touristen ihren Weg dorthin.
«Wir haben die Dorfbewohner angeregt, einen einfachen Weg zu einem Walking Trail auszubauen. Er führt mitten durch die Felder. Indonesien ist ja berühmt für die vielen Gewürze. Nun kann ein Guide den Besuchern Pfeffer und Muskat direkt am Wegrand zeigen.»
Im Dorf selbst wurde ein einfaches Panorama-Café konstruiert – darin können die Dorfbewohner Gäste mit Kaffee und Essen bewirten. Die Gemeinden sind selbst für Bau und Unterhalt der neuen Infrastrukturen verantwortlich, müssen mit eigenem Geld wirtschaften.
Unterstützung erhalten sie in Form von Kursen und Schulungen, zum Beispiel im Bereich Hygiene, Hospitality oder eben Finanzierung.
«Es muss von allen Akteuren gewollt werden»
«Community-based tourism muss von allen Akteuren gewollt werden, sonst klappt es nicht», ist die Touristikerin überzeugt. Und: Es muss auf die Bedürfnisse des Publikums abgestimmt werden. Dabei gehen die Ansichten auch gerne einmal auseinander.
Umso wichtiger ist da die Expertise der Asia365 General Manager mit Jahrzehntelanger Erfahrung.
Beispielsweise als ihr Dorfbewohner voller Stolz ein neues Gästehaus präsentierten. «Es war aus Beton. Mit Matratzen, die aufgrund des Klimas schon müffelten.»
Ein Beispiel dafür, wie sich die Vorstellung von dem, was sich die westlichen Gäste wünschen, nicht mit der Realität deckt. «Wir hätten keinen unserer Kunden da übernachten lassen können. Das wäre eine Zumutung gewesen.»
Wie in einer SAC Hütte
Die Dorfbewohner selbst wohnen in wunderschönen Holzhäusern mit Strohdächern. «Ich musste ihnen sagen: Genau das ist es, was wir suchen!» – zum Unglauben der Einheimischen.
«Der Aufenthalt in den Häusern ist etwa so wie eine SAC Hütte» macht Landolt den Vergleich. Nicht luxuriös, aber weit mehr als zweckdienlich.
«Ihnen die Selbstsicherheit zu geben, dass es eben genau ihre Kultur ist, die uns und unsere Kunden nach Flores bringt. Das war meine Hauptaufgabe.» Davor, dass der Insel einst dasselbe Schicksal wie Bali blüht, droht laut Ruth Landolt keine Gefahr. «Dafür ist Flores viel zu abgeschieden!»
Und sowieso: der Tourismus steckt hier noch in den Kinderschuhen. Aber in nachhaltigen.