Medien kündigen Offshore-Datenleck an

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Kaimaninseln,

Internationale Medien haben am Sonntagabend Recherchen zu Offshore-Daten offengelegt. Auch Schweizer Firmen und Namen tauchen in den Dokumenten auf.

Die Cayman Islands: Bei den Paradise Papers soll es sich um Dokumente aus Beständen der Anwaltskanzlei Appleby handeln. Die Firma ist unter anderem auf den Cayman Islands domiziliert.
Die Cayman Islands: Bei den Paradise Papers soll es sich um Dokumente aus Beständen der Anwaltskanzlei Appleby handeln. Die Firma ist unter anderem auf den Cayman Islands domiziliert. - Google Maps

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei den Paradise Papers geht es um korruptionsverdächtige Geschäfte.
  • Veröffentlicht wurden 13,4 Millionen Dokumente aus 21 Quellen.
  • In den Unterlagen tauchen Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auf.

Anfang 2016 hat die «Süddeutsche Zeitung» unter dem Namen Panama Papers Millionen von Daten und illegalen Machenschaften weltweit tätiger Unternehmen und Persönlichkeiten veröffentlicht. Und genau dasselbe – aber noch in einem viel grösseren Umfang – geschieht nun wieder: Das Netzwerk investigativer Journalisten, zu dem die «Süddeutsche Zeitung» gehört, hat erneut Dokumente publiziert – fast 400 Journalisten von 97 Medienorganisationen in 67 Ländern haben ein riesiges Offshore-Datenleck offengelegt.

Die neue Veröffentlichung enthält Daten zu Steueroasen und Briefkastenfirmen, die sich aus 21 Quellen speisen und 13,4 Millionen Dokumente umfassen sollen. Es würden die Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auftauchen, dazu Unternehmer und Sportler. Auch zu Geschäftspraktiken einiger Weltkonzerne gebe es Informationen.

Knapp die Hälfte aller ausgewerteten Daten stammt aus den Beständen der Anwaltskanzlei Appleby. Die Firma ist hauptsächlich auf den Karibikinseln Bermudas und Cayman Islands domiziliert.

Schweizer Namen und Firmen tauchen auf

Wie der «Tages Anzeiger» und die «Sonntags Zeitung» schreiben, tauchen in den Dokumenten auch bekannte Schweizer Namen auf. So sollen allein 30'000 Dokumente den Zuger Rohstoffriesen Glencore betreffen. Appleby habe, so schreibt es der «Tages Anzeiger» gar einen eigenen «Glencore Room». Die korrupitonsverdächtigen Geschäfte würden aber lediglich die Firma, nicht jedoch Glencore-CEO Ivan Glasenberg als Person betreffen. Auch ein weiterer bekannter Schweizer Name taucht im Leck auf: SBB-Präsidentin Monika Ribar. Sie soll in ein zwielichtiges Geschäft mit dem angolischen Präsidentensohn verwickelt sein.

Involviert sein sollen ebenso über ein Dutzend Berater von US-Präsident Donald Trump, Aussenminister Rex Tillerson und Handelsminister Wilbur Ross. Er profitiere als Privatmann von Geschäften mit einer Firma, die dem Schwiegersohn des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Kreml-nahen Geschäftsleuten gehöre. Sonderermittler Robert Mueller untersucht derzeit mögliche Kontakte der US-Regierung nach Russland im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl und eine mögliche Beeinflussung aus Moskau, um dem Trump-Lager zum Sieg zu verhelfen.

Kontakte zu Russland

Im Fall des US-Handelsministers soll es um eine Beteiligung an einer Reederei gehen, zu deren Grosskunden der russische Energiekonzern Sibur gehöre. Die Reederei Navigator habe seit 2014 mit Sibur Geschäfte im Wert von mehr als 68 Millionen Dollar abgewickelt. Allerdings bleibe unklar, wie stark Ross hier engagiert sei. Es ist bereits bekannt, dass der Milliardär grosse Investments im Schifffahrtsbereich hat und Offshore-Firmen waren auch bereits ein Thema bei seinem Bestätigungsverfahren im Senat. Ross bestreitet nach Angaben der Zeitung, dass seine Geldanlage Einfluss auf seine Amtsführung habe.

In den Daten sollen insgesamt ein Dutzend Berater und Grossspender von US-Präsident Donald Trump auftauchen. Auch Vermögenswerte der britischen Queen Elizabeth II. sollen den Berichten zufolge eine Rolle spielen – Geld soll in einer Kaufhauskette angelegt worden sein, die bei Ratenzahlungen Wucherzinsen verlangt habe. Zudem taucht eine Verbindung zum argentinischen Finanzminister Luis Caputo auf. Wie die ICIJ-Journalisten an die Daten, die auch Firmenregister von 19 Steueroasen enthalten, herankamen, wurde nicht preisgegeben.

Appleby spricht von Cyber-Angriff

Appleby hatte vor wenigen Tagen eingeräumt, dass möglicherweise illegal Datenmaterial dem ICIJ zugespielt worden sei, man habe entsprechende Medienanfragen bekommen. Die Firma betonte, auf legale Offshore-Praktiken zu setzen und im Einklang mit den Gesetzen zu handeln. Man nehme alle Vorwürfe «extrem ernst».

Nach sorgsamer und intensiver Prüfung sei man aber zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Belege für Fehlverhalten seitens der Firma oder ihrer Klienten gebe. Appleby sprach nicht von einem Datenleck, sondern von einem illegalen «Cyber-Angriff».

Panama Papers führten zu weltweiten Entwicklungen

Die vorherigen «Panama Papers»-Enthüllungen führten 2016 weltweit zu Ermittlungen. Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die von ICIJ-Journalisten weltweit ausgewertet wurden, zeigten, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in Offshore-Firmen hielten - was nicht unbedingt strafbar ist. Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und Kontoauszüge zu 214 000 Gesellschaften vor allem in der Karibik.

Dabei tauchten die Namen von 140 Politikern und engen Vertrauten auf, darunter die Staatschefs Argentiniens und der Ukraine, Mauricio Macri und Petro Poroschenko. In Island führte die Veröffentlichung zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Sigmundur Gunnlaugsson und zum Verzicht des Staatschefs Ólafur Ragnar Grímsson auf eine Wiederwahl. In Pakistan wurde Ministerpräsident Nawaz Sharif des Amtes enthoben. Das ICIJ erhielt für die Enthüllungen der «Panama Papers» 2017 die höchste Auszeichnung im US-Journalismus, den Pulitzer-Preis.

Die Offshore-Industrie mache die Armen ärmer und vertiefe die Vermögensungleichheit, sagt Brooke Harrington, Autorin des Buches «Kapital ohne Grenzen», der «Süddeutschen Zeitung». Das System der Steueroasen ermögliche es nicht nur, Steuern zu vermeiden, sondern auch, Gesetze gezielt zu umgehen, die Reichen nicht passen. «Für die Superreichen gibt es eine Welt ausserhalb des Rechts», so Harrington.

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