Warum die Polizei die Hautfarbe von Gesuchten nennt

Ein Mann verletzte einen Senior am St.Galler Weihnachtsmarkt schwer. Die Polizei suchte nach einem «schwarzhäutigen Mann». Ist das problematisch?

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Ein dunkelhäutiger Mann. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Polizei suchte den Angreifer am St.Galler Weihnachtsmarkt: Ein «schwarzhäutiger Mann».
  • Die Nennung der Hautfarbe führte zu Kritik. Dies entlarvt jedoch vor allem die Kritiker.

«Der Unbekannte wird als schwarzhäutiger Mann mit kurzen schwarzen Haaren beschrieben. Er ist ungefähr 185 cm gross und wird auf 30 bis 40 Jahre alt geschätzt.» So suchte die Kapo St.Gallen am 24. Dezember nach einem Mann. Dieser hatte am Weihnachtsmarkt am Bohl einen 84-jährigen Mann zu Boden gestossen und schwer am Kopf verletzt, woraufhin er floh.

«Wahrscheinlich war es ein Eidgenoss»

Der Zeugenaufruf löste ein Echo aus, mit Leserbriefen und auf den sozialen Medien. Viele bedauerten generell, dass ein alter Mann verprügelt wird. Doch schnell wurden auch Stimmen laut, die sich bestätigt fühlten, dass der Täter offenbar «schwarz» sei. Kommentaren wie «Hoffe de siech wird gfunde und heigfloge», «Wer i üses land chund het üsi Kultur und Land respektiere!!!» oder «Wahrscheinlich war es ein Eidgenoss» zeigen, dass es sich beim Gesuchten bestimmt um einen Asylbewerber handle.

Am 27. Dezember dann die Überraschung: der Täter stellt sich – es ist ein «in der Region wohnhafter, 46-jähriger Schweizer». Es folgen erneut Vorwürfe: Die Schwarzen seien mit durch die Beschreibung der Polizei unter Generalverdacht gestellt worden. «Hauptsache hetzen!», hiess es in einem Kommentar beispielsweise.

Der Folgeschluss der Leser war also doppelt falsch: Weder handelte es sich um einen Asylbewerber, noch um einen Ausländer. Der 46-jährige Mann ist gleichzeitig schwarz UND Schweizer, das Vorurteil-behaftete Denken gewisser Personen entlarvt. Die Täterbeschreibung war korrekt.

Darum gibt die Polizei die Hautfarbe an

Gian Andrea Rezzoli, Sprecher der St.Galler Kantonspolizei, erklärt gegenüber dem «St.Galler Tagblatt»: «Wir leben in einer multikulturellen Gesellschaft, in der auch ein hiesiger Staatsbürger schwarzhäutig sein kann.» Dass der Täter Schweizer ist, habe die Kapo erst gewusst, nachdem sich dieser gestellt habe. Den Vorwurf, dass die Angabe der Hautfarbe helfe, rassistische Vorurteile zu schüren, lässt Rezzoli deshalb nicht gelten.

Sucht die Polizei eine Person, gibt sie in der Mitteilung alle Hinweise an, die der Beschreibung dieser Person dienen – das könne eine Brille, Tattoos oder eben auch eine überdurchschnittlich dunkle Hautfarbe sein, sagt Rezzoli. Das habe nichts mit Rassismus zu tun. Der Mediensprecher der Kapo Thurgau, Mario Christen, erklärt, dass es nun mal eine Tatsache sei, dass in der Schweiz die Mehrheit der Bevölkerung hellhäutig ist. «Eine dunkle Hautfarbe kann deshalb bei Fahndungen als besonders sichtbares Erkennungsmerkmal genannt werden.»

Rassismus-Kommission hat kein Problem mit Nennung der Hautfarbe

Die Notwendigkeit der Polizei, bei der Fahndung in St.Gallen die auffällige Hautfarbe anzugeben, sieht auch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus ein. Die Angabe der Nationalität hält die Kommission jedoch für problematisch. Denn Vorurteile gegenüber gewissen Gruppen könnten damit geschürt und vertieft werden. Wie der Fall St.Gallen zeigt, kann die Angabe der Hautfarbe jedoch auch dazu dienen, Vorurteile aufzudecken.

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