Hund: So fällt die Wahl des Welpen einfacher
Wer sich einen Welpen anschaffen möchte, sollte sich Zeit für die Auswahl nehmen. Denn nicht jeder Hund passt zum eigenen Lebensstil.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer sich einen Welpen zulegen möchte, sollte die Entscheidung auch mit dem Kopf treffen.
- Eine gute Leitfrage lautet: Welcher Hund passt zu meiner Lebenssituation?
- Züchter können dank ihrer Erfahrung und Kenntnis der Tiere wichtige Ratschläge geben.
Immer wieder hört man die Geschichte von Menschen, die behaupten: «Nicht ich habe den Hund gewählt, ich wurde von IHM ausgewählt». Anschliessend erzählen sie emotionale Geschichten darüber, wie ein kleiner Welpe gezielt auf seine zukünftige Besitzerin zugelaufen ist, zum Spielen eingeladen hat oder auf ihrem Schoss eingeschlafen ist.
Solche Geschichten von Schicksalsbegegnungen sind wirklich wunderschön. Aber ist es wirklich eine kluge Entscheidung, den Hund die Wahl treffen zu lassen? Sollte man stattdessen nicht eher seiner eigenen Intuition oder seinem Verstand folgen?
«Im besten Fall lässt man den Kopf entscheiden», rät Hundetrainer André Vogt («Der Welpentrainer»). «Aber zu 90 Prozent ist es bei den Leuten, egal was man als Trainer sagt, der Bauch.»
Dafür hat Vogt Verständnis: «Hunde sind so faszinierende Wesen, dass da bis zu einem gewissen Punkt manchmal auch etwas dran ist.» Aber: Man muss bedenken, dass einen das neue Familienmitglied mit Fell die nächsten zehn bis 15 Jahre begleitet.
Es ist ratsam, den Verstand bereits im Vorfeld zu nutzen, denn wenn man den niedlichen Welpen gegenübersteht, ist es oft schwierig, nüchterne Überlegungen anzustellen.
Augen zu, Verstand an
Bevor man sich für einen Welpen entscheidet, ist es wichtig, sich zunächst zu fragen: Welcher Hund passt zu meiner derzeitigen Lebenssituation? Diesen Rat gibt Autor Vogt in seinem Buch «Typgerechtes Welpentraining: Vom Draufgänger bis zum Sensibelchen».
Häufig beobachtet er, dass ein Hund aufgrund seines Aussehens ausgewählt wird. Es ist jedoch viel wichtiger, darauf zu achten, wofür der Hund gezüchtet wurde und welche Eigenschaften die Rasse mit sich bringt.
Auch die Absichten des zukünftigen Halters sollten berücksichtigt werden, beispielsweise ob der Hund als Familienhund oder für sportliche Aktivitäten geeignet sein soll.
Die Erfahrung des zukünftigen Halters spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Gerade Ersthundebesitzer sollten die Gelegenheit nutzen, eine Hundeschule zu besuchen und sich von einem Trainer beraten zu lassen.
Laut Vogt nehmen jedoch nur wenige diese Möglichkeit wahr. Dadurch kommt es manchmal vor, dass Hund-Mensch-Teams auftreten, bei denen Vogt feststellt, dass die Wahl des Hundes nicht die beste Überlegung war.
Auch Tierpsychologin Patricia Lösche ist überzeugt: «Das Entscheidende ist, dass man sich im Vorfeld im Klaren ist, was für einen Hund man möchte.»
Wenn man sich entscheidet, einen Wurf zu besichtigen, ist es ratsam, sich die Elterntiere anzusehen. Wenn die Hündin ein Wirbelwind ist, der nicht still sitzen kann, die Welpen quasi im Vorbeigehen säugt und auch deren Vater sehr lebhaft ist, sollte man keine ruhige Schlafmütze von dieser Verpaarung erwarten.
«Wenn ich selbst am liebsten auf der Couch sitze, ist ein solcher Hund einfach nicht für mich geeignet. Auch wenn ich ihn noch so süss finde, wird er wahrscheinlich nicht mein Wunschhund sein, und ich werde nicht sein Lieblingsmensch sein», erklärt Lösche. Es sei jedoch möglich, dass man offen genug ist, um sich in alle Richtungen zu entwickeln.
Züchter wissen, wer zu wem passt
Nehmen wir jedoch an, ich habe mir im Vorfeld alles gut überlegt, habe die Rasse gefunden, die zu mir passt und auch einen Züchter, bei dem die Hündin liebevoll gehalten und die Welpen wunderbar sozialisiert wurden: Wie entscheide ich mich dann?
Die Antwort mag für manchen ernüchternd sein. Aber am besten ist es, wenn man seinen künftigen Lebensgefährten nicht selbst aussucht, sondern diese Auswahl dem Züchter überlässt.
«Gute Züchter sind den ganzen Tag bei ihren Welpen, sie wissen genau, wer der Draufgänger aus dem Wurf ist, wer der Sportlichste, wer ein bisschen sensibler. Und wer zu wem am besten passt», sagt André Vogt.
Auch Patricia Lösche betont, dass ein kompetenter Züchter am ehesten in der Lage ist, die besten Teams auszusuchen – vorausgesetzt, auch die neuen Besitzer haben zuvor die Wahrheit über sich selbst und ihre Motivation gesagt.
Wer dennoch selbst entscheiden möchte, sollte den Wurf möglichst häufig besuchen und sich trotzdem über eines bewusst sein: Jede Begegnung ist nur eine Momentaufnahme!
Denn der Welpe, der schläfrig in der Ecke liegt, kann vor meinem Besuch gerade noch als grösster Rabauke die Geschwister aufgemischt haben. Und wer umgekehrt als Schnellster auf mich zukommt, hat vielleicht gerade eine stundenlange Schlafphase hinter sich.
«Selbst ein Welpentest ist keine Prognose für die Zukunft, sondern nur eine grobe Einschätzung», sagt die Expertin für Tierverhaltensberatung und -training.
Haltung beeinflusst Psyche langfristig
Denn nicht nur die Genetik präge die Tiere, sondern auch das, was sie in ihrem Leben – angefangen im Mutterleib – erlebt haben, welche Eindrücke auf sie wirken und was sie lernen.
«Die richtige Persönlichkeit des Hundes, das Ergebnis aus all dem, was pränatal, postnatal, in der Welpen- und Junghundephase passiert, dieses ganze Paket offenbart sich letztendlich erst nach der Pubertät», sagt Patricia Lösche. Also je nach Rasse im Alter von etwa 18 bis 24 Monaten oder noch später.
Vorhersagen könne man lediglich eine Tendenz, wie sich Welpen entwickeln: «Ein Hund aus einer schlechten Haltung ist vermutlich stressanfälliger und damit später möglicherweise anspruchsvoller als einer, der aus einer guten Haltung kommt», sagt die Expertin.
Wer einen Welpen aus dem Tierheim holt, müsse davon ausgehen, dass das Muttertier schon viel Stress erlebt habe. «Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Welpen stressanfälliger sind als jene Artgenossen, deren Mutter ihre Welpen in vertrauter, freundlicher Umgebung austragen und versorgen durfte und dabei liebevoll betreut wurde.»
Aber: Trotz der besten Eltern-Gene, optimaler Haltung und sorgfältiger Auswahl bekommt man nicht automatisch den «perfekten» Vierbeiner. «Und das ist auch gut so», stellt Welpentrainer Vogt klar. «Denn Hunde sind nun mal Lebewesen. Darüber sollte man sich immer bewusst sein.»