Diese Filme haben uns 2019 am besten gefallen
Fünf Nau-Redakteure ziehen Bilanz und haben eine persönliche Bestenliste ihres Kinojahres zusammengetragen.
Das Wichtigste in Kürze
- In diesem Jahr gab es einige cineastische Höhenflüge zu sehen.
- Die Nau-Redaktion hat ihre fünf Favoriten zusammengetragen.
- In der Auswahl befinden sich sowohl Kinofilme als auch Heimkino-Auswertungen.
Streaming-Dienste wie Netflix, Prime Video oder Disney+ laufen der klassischen Filmbranche immer mehr den Rang ab. Dennoch zeigt sich die Industrie weiterhin quicklebendig. 2019 gab es einiges zu sehen, sei es nun im Kino oder auf Blu-ray und DVD. Fünf Redaktionsmitglieder stellen ihre favorisierten Filme des Jahres vor.
Nadine Brügger:
«Where'd You Go, Bernadette»
Cate Blanchett drückt jeder Rolle ihren unverwechselbaren Stempel auf. Und schafft es dennoch, jeder Figur völlig neues Leben einzuhauchen.
In Richard Linklaters neustem Wurf gibt sie die begnadete Architektin am Abgrund ihres Genies. Ein beruflicher Rückschlag zerstört die Karriere, ein privater den Schaffensdrang – Bernadette vergräbt sich in der Mutterrolle. Bis zu diesem einen Augenblick, von dem an alles wieder anders wird.
«La belle époque»
Victor ist Zyniker, Comiczeichner – und desillusioniert. Als ihn seine Frau nicht nur betrügt, sondern auch noch vor die Tür setzt, muss er neuen Antrieb finden.
Der Regisseur Nicolas Bedos ersinnt in seiner französischen Tragikkomödie eine Firma, die mit modernster Technik vergangene Zeiten aufleben lässt. Vor unseren Augen reist Victor zurück ins Jahr 1974. Und mitten hinein in die Glückseligkeit vergangener Zeiten. Bloss – zurück nach Heute, das will Victor nicht.
«The Irishman»
Für den Netflix-Film, der kurzzeitig auch über die Kinoleinwand flimmerte, bot Martin Scorsese seine Lieblingsschauspieler zum wohl letzten Mal auf.
Robert de Niro gibt den Auftragskiller, Al Pacino den Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa. Dessen Verstrickungen mit der amerikanischen Mafia-Familie von Rosario Alberto Bufalino (Joe Pesci) in Szene gesetzt werden. Episch lang, episch gut.
«Joker»
Prequels haben ihren Reiz, besonders, wenn es um einen Bösewicht geht. Sie tauchen in seelische Tiefen und erforschen, warum einer schlecht wird.
Vorgeschichten dieser Art laufen allerdings dringend Gefahr, zu verklären. Muss einer denn Opfer gewesen sein, um Täter zu werden? Bedarf das Böse denn wirklich stets einer Erklärung?
Todd Phillips «Joker» zeigt nicht nur einen meisterhaften Joaquin Phoenix. Er zeigt auch, wie einer schlecht sein kann, obwohl er gute Seiten hat. Opfer werden kann, nicht böse werden müsste, es aber trotzdem tut – weil er es will. Eine kunstvoll inszenierte und gespielte Tortur.
«Once Upon a Time... in Hollywood»
Zugegeben, Quentin Tarantinos neuster Streich wurde bereits überschwänglich erwartet. Er hatte es leicht, zu gefallen – und er tut es auch. Denn der jüngste Tarantino bringt alles, was wir uns erhofft haben: Die Musik, die Dialoge, die Kameraführung, die Bilder, die Geschichte ad absurdum – und schliesslich dann auch noch dies: Das Blut.
Robin Mahler:
«Suspiria»
In einer deutschen Ballettakademie geht es sonderbar zu und her.
Neuauflagen bewegen sich oftmals in sicheren Gewässern. Luca Guadagnino geht einen anderen Weg und macht aus dem 1977 erschienen Horrorfilm «Suspiria» von Dario Argento sein eigenes Ding. Das ist sowohl faszinierend als auch ein wenig prätentiös. «Suspiria» hat hierzulande keinen regulären Kinostart erhalten und ist erst in diesem Jahr auf DVD und Blu-ray erschienen.
«The Lighthouse»
Zwei Leuchtturmwärter geraten sich auf einer isolierten Insel langsam an die Gurgeln.
Robert Eggers («The Witch») hat ein faszinierendes visuelles Seemannsgarn gedreht. Das erdrückend wirkende Bildformat von 1,19:1 verstärkt die beklemmende Atmosphäre ungemein.
«Once Upon a Time in...Hollywood»
Der Fernsehschauspieler Rick Dalton tingelt mit seinem Stuntman Cliff Booth durch die Traumfabrik im Jahre 1969.
Im Prinzip bietet der Film alles, was Tarantino ausmacht: Gewitzte Dialoge, eingängige Musik, zahlreiche Referenzen auf die Unterhaltungsbranche, spielfreudige Schauspieler und eine überhöhte Gewaltdarstellung. Diesmal lässt der Regisseur den Finger vom Gaspedal. Das gedrosselte Tempo passt zur entspannten Stimmung von «Once Upon a Time... in Hollywood».
«Parasite»
Eine arme Familie versucht, reiche Leute zu betrügen.
«Parasite» sollte möglichst unvoreingenommen gesehen werden. Bong Joon-ho («Snowpiercer») beweist mit einer Handlung voller Wendungen, dass er ein sehr guter Regisseur ist. Sein Film spielt geschickt mit dem Zuschauer. Das südkoreanische Kino steckt voller Überraschungen.
«Dragged Across Concrete»
Zwei suspendierte Polizisten geraten in eine Spirale der Gewalt.
S. Craig Zahler («Bone Tomahawk») hat mit «Dragged Across Concrete» erst seinen dritten Spielfilm abgeliefert. Zahler besitzt definitiv einen eigenen Stil, was ihn zu einem der spannendsten zeitgenössischen Inszenatoren macht.
Die grimmige Handlung geht noch langsamer als zuvor vonstatten. Dazu kommen staubtrockene Dialoge, welche aufgrund ihrer Schroffheit polarisieren können. Mel Gibson und Vince Vaughn sind perfekt als schmierige Gesetzeshüter besetzt. In kleinen Rollen schauen Charakterköpfe wie Udo Kier, Don Johnson oder Michael Jai White vorbei.
Michael Bolzli:
«Ford v Ferrari»
Ein Motorsport-Film, der nicht nur Autonarren fesselt. Spannend, witzig und stellenweise emotional. Christian Bale ist – mal wieder – grossartig. Matt Damon überzeugt zudem trotz fehlender Ähnlichkeit als Carroll Shelby.
«Us»
Ein einzigartiger Horrorfilm, der mit üblichen Genre-Klischees nichts am Hut hat. Zerrt an den Nerven. Überzeugend gespielt, tolle Schauspieler selbst in den Nebenrollen. Der Schluss haut um, Löcher in der Logik verzeiht man gerne.
«The Report»
Düsterer Polit-Thriller, der die Foltermethoden des CIA während des zweiten Irakkriegs behandelt. Spannend, aber anspruchsvoll. Dürfte vielen Anhänger der Republikanischen Partei sauer aufstossen.
«Toy Story 4»
Auch der vierte Teil der Spielzeug-Sage ist filmische Oberklasse. Im Vergleich zu seinen Vorgängern fällt er etwas ab. Trotzdem ist «Toy Story 4» weit besser als die übliche Familien-Unterhaltung. Das Ende ist perfektes Tränendrüsen-Kino.
«Once Upon a Time... in Hollywood»
Tarantino hat es wieder getan und die Geschichte nach seinem Geschmack umgeschrieben. Der jüngste Wurf spielt im Hollywood der 60er-Jahre, Charles Manson und Sharon Tate inklusive. Tarantinos bester Film seit «Inglourious Basterds».
Christoph Böhlen:
«Green Book»
Zwei von unzähligen Gründen, warum man «Green Book» gesehen haben muss: Ein grossartiger Viggo Mortensen als Chauffeur Tony Lip. Dazu kommt ein fantastischer Mahershala Ali, der den afroamerikanischen Pianisten Don Shirley spielt.
Ihre Reise durch die US-Staaten mit Rassentrennung im Jahr 1962 ist unterhaltsam, feinfühlig, witzig und stellenweise auch traurig. «Green Book» ist eine Filmperle, die man gesehen haben muss.
«Joker»
Bereits die Joker-Darstellung von Heath Ledger im Batman-Streifen «The Dark Knight» war grossartig. Jetzt setzt Joaquin Phoenix aber nochmals neue Massstäbe.
Die Neuinterpretation des Batman-Bösewichts zeigt dessen Entstehung vom instabilen Werbeclown zum Über-Schurken von Gotham.
Phoenix lässt uns am tragischen Leben von Arthur Fleck teilhaben - und mit seinen unkontrollierbaren Lachanfällen erschaudern. Oscar-würdig!
«John Wick: Kapitel 3»
Der dritte Teil von Chad Stahelskis Rache-Epos ist wohl nur etwas für Liebhaber. Keanu Reeves ist als Jonathan Wick nach dem Ende von Kapitel 2 auf der Flucht. Verfolgt von etlichen Killern, die das üppige Kopfgeld einsacken wollen.
Die fiktive Unterwelt im John-Wick-Universum, spannende Figuren, Schiessereien soweit das Auge reicht. Für Actionfans ist der dritte Teil der Reihe ein Muss.
«Rocketman»
Taron Egerton aus «Kingsman» verkörpert die Musiklegende Elton John - und überzeugt dabei voll und ganz. Der Film beschreibt den Werdegang des extravaganten Musikers von seiner Kindheit, über Drogen- und Alkoholprobleme, sowie seine Homosexualität.
Ehemann David Furnish ist dabei als Produzent involviert, was dem Streifen nicht schadet. Es werden auch dunkle Momente beleuchtet - und musikalisch kann ein FIlm über Elton John per se nicht schlecht sein.
«The Good Liar - Das alte Böse»
Zugegeben: Über die Story lässt sich streiten. Ein alternder Trickbetrüger verliebt sich bei seinem letzten grossen Coup in eine wohlhabende Wittwe. Dabei wollte er eigentlich nur an ihr Geld ran.
Aaaaaber: Es ist der erste (!) gemeinsame Film der grossartigen Dame Helen Mirren und Sir Ian McKellen. Allein die beiden Leinwand-Legenden machen aus einer durchschnittlichen Geschichte ein knapp zweistündiges Vergnügen.
Alexander König:
«Joker»
Düster inszeniert spielt dieser Streifen zwar im Superhelden-Universum des Comicverlags DC, hat jedoch mit Superhelden nichts zu tun. Es handelt sich um eine mitreissende und traurige Geschichte. Der Joker ist ein von der Gesellschaft missverstandener Psychopath, der sich über die Jahre hinweg zu einem altbekannten Bösewicht entwickelt.
«Ad Astra»
Ein Space-Ingenieur stürzt wegen elektromagnetischen Stürmen von einem bis ins All reichenden Funkturm auf die Erde hinab. Im Gegensatz zu vielen anderen Astronauten überlebt er und wird damit beauftragt, den kosmischen Unwettern auf den Grund zu gehen.
Das Überleben der Menschheit steht auf dem Spiel. Der Haken: Sein verschollener Vater trägt wohl Mitschuld am Unglück. «Ad Astra» ist ein wunderschön inszeniertes Space-Drama. Ein paar Lücken in der Logik verzeiht man dabei gerne.
«Avengers: Endgame»
Der neben «Joker» wahrscheinlich meist gehypte Film des Jahres. Hat man 2019 nur weniges im Kino gesehen, ist dieser statistisch gesehen mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei. Trotz der Bemühungen des zu Disney gehörenden Marketing-Monsters Marvel: Der Hype gab einen guten Vibe.
«Spider-Man: Far From Home»
Peter Parker möchte die Klassenfahrt nach Paris dazu nutzen, seiner «grossen Liebe» näherzukommen. Daher will er auf seine Rolle als Spider-Man verzichten. Nick Fury fordert dennoch seinen Dienst ein. Die guten Animationen sorgen für spektakuläre Kampfszenen.
«Yesterday»
Der erfolglose Musiker Jack Malik wacht nach einem Stromausfall-bedingten Unfall in einer Welt auf, in welcher die Beatles nie existierten. Doch er erinnert sich als Einziger an die grossen Hits und macht sich das zunutze.
Zwar dürfte das «Was wäre, wenn es die Beatles nie gegeben hätte»-Szenario gerne weitreichendere Konsequenzen haben als im Film dargestellt. Eine triste Gesellschaft ohne Emotionen wäre denkbar. Auch etwas mehr Beatles-Songs hätten nicht geschadet. Trotzdem hat die Darbietung imponiert.