So wehren Sie sich gegen Nervensägen im Job
Warum sind die Menschen bei der Arbeit nur so anstrengend? Buchautor Attila Albert erklärt in seinem neuen Buch, wie man besser mit Nervensägen umgehen kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Job empfinden wir Chefs und Arbeitskollegen oft als anstrengend.
- Hohe Interaktion, enge Büros und ständige Erreichbarkeit erhöht das Nervensägen-Potenzial.
- Autor Attila Albert erklärt in seinem neuen Buch, wie man besser mit Nervensägen umgeht.
Die Arbeitskollegin jammert ständig, der Chef ist rechthaberisch, und die Geschäftspartner geben sich idealistisch, drücken aber die Preise. Warum sind heute nur so viele Menschen so anstrengend?
«Wir haben mehr Interaktionen mit anderen, im Job engere Büros und sind digital ständig erreichbar», sagt Coach und Buchautor Attila Albert (50, «Sorry, ihr nervt mich jetzt alle!»).
«Gleichzeitig wachsen die eigenen Ansprüche und die Ungeduld mit anderen. All das führt zu mehr interpersonellen Konflikten.» Er sagt, wie Sie besser mit Nervensägen im Job umgehen können.
Warum nerven heute so viele Menschen?
Die Bevölkerung ist deutlich gewachsen. Man rückt überall näher zusammen, das erhöht das Konfliktrisiko. Dazu ist die Gesellschaft individualistischer geworden.
Jeder erwartet persönliche Rücksichtnahmen, ist aber – auch wegen eigener Überlastung – weniger gewillt, sie anderen zu gewähren.
Wie zeigt sich das im Berufsleben?
Statt im Zweier- oder Viererbüro arbeiten viele nun im engeren, lauteren Grossraumbüro. Im Schnitt haben Büromitarbeiter heute 30 Prozent weniger Platz als vor 15 Jahren.
Dazu sind wir durch E-Mails und Chats ständig erreichbar, durch verdichtete Arbeitstage und immer höhere Ziele stärker belastet. All das führt dazu, dass wir schneller genervt sind.
Fehlen uns bestimmte Kompetenzen dafür?
Beim Umgang mit anderen sind wir heute viele unbeholfener, erwarten gleichzeitig unrealistisch viel von anderen.
Die Individualisierung – etwa langes Alleinleben ohne das soziale Korrektiv durch ein Gegenüber – und verstärkte digitale Kommunikation haben daran ihren Anteil.
Auch der geringere Stellenwert von Höflichkeit, Respekt und Manieren fördert Konflikte.
Welche Menschen nerven am meisten?
Gar nicht unbedingt diejenigen, deren Werte, Überzeugungen und Gewohnheiten man nicht teilt. Sondern eher diejenigen, deren Verhalten man negativ interpretiert, auch wenn es gar nicht so gemeint war.
Beispiel: Ein besonders kritischer Chef zweifelt möglicherweise gar nicht an Ihren Fähigkeiten, sondern hat vor allem Angst, dass für ihn etwas schiefläuft.
Wie geht man am besten mit Nervensägen um?
Versuchen Sie, die Motive Ihres Gegenübers zu verstehen versuchen, auch wenn Sie wegen ihm gerade frustriert sind oder sich ärgern.
Häufig geht es gar nicht um Sie, sondern Ihr Chef oder Kollege ist nur gedankenlos – oder hat eigene unerfüllte Bedürfnisse, etwa nach mehr Anerkennung und Bestätigung. Mit Empathie verstehen Sie ihn besser.
Wieso hilft das, Konflikte zu reduzieren?
Weil Sie sich dann nicht mehr unnötig über nerviges Verhalten ärgern, sondern direkt die tieferen Ursachen angehen können. Gleichzeitig erkennen Sie, was Sie verändern können und wo jede Mühe sinnlos wäre.
Beispiel: Eine Kollegin, die ständig jammert, können Sie weder mit ständigem Trösten noch Helfen davon abbringen. Sie muss selbst aktiv werden.
Wie wehre ich mich am besten?
Je nach Typ (siehe Kasten) bietet sich eine andere Strategie an. Ewige Jammerer sollten Sie sich selbst überlassen, bis sie Verantwortung übernehmen.
Verbissenen Rechthabern können Sie ganz entspannt zustimmen, ohne sich deren Ansichten zu eigen zu machen. Idealistische Weltverbesserer messen Sie am besten an den selbsterklärten Ansprüchen.
Wann ist es wichtig, Grenzen zu setzen?
Wenn Ihre Werte und Wünsche dauerhaft verletzt werden und sich auch nach mehreren Gesprächen kein tragfähiger Kompromiss finden lässt.
Nach ein bis zwei Jahren sollte klar sein, ob beide Seiten dazu willens und fähig sind. Die offene Konfrontation sollte aber die Ausnahme bleiben, wenn Sie nicht ständig wechseln, woanders von vorn anfangen wollen.
Was kann ich sonst noch tun?
Achten Sie fortlaufend auf Ihre Erholung und dass Ihnen immer mehrere Optionen bleiben, indem Sie sich zum Beispiel nicht komplett von einem Arbeitgeber abhängig machen.
Dann sehen Sie manche Nervensäge gelassener und nehmen nicht alles so ernst. Gleichzeitig schaffen Sie sich damit die Möglichkeit, bei Bedarf wirklich woandershin zu gehen.
«Sorry, ihr nervt mich jetzt alle!» von Attila Albert, erschienen bei Redline, 224 Seiten, 24.90 Fr. (UVP).