Nationalrat: Steuergelder für Abgewählte bleiben wohl
Werden Nationalräte abgewählt, können Sie als «Überbrückung» Steuergelder beziehen. Dieses Modell steht vor dem Aus. Doch die Umsetzung lahmt.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Mehrheit des Parlaments will die staatliche Unterstützung für Abgewählte abschaffen.
- Eine Umsetzung bis zu den nächsten Wahlen ist aber eher unrealistisch.
- Initiantin Natalie Rickli (SVP) appelliert nun an die Bürgerlichen, Tempo zu machen.
Wer seinen Job verliert, meldet sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungsbüro (RAV). Das Gleiche gilt eigentlich auch für abgewählte Nationalräte. Nur sind diese eben doch etwas gleicher als der normale Bürger. Sie können nämlich auf Antrag während zwei Jahren Steuergeld – eine sogenannte Überbrückungshilfe – beziehen, um die Arbeitslosigkeit erträglicher zu machen.
22 abgewählte Parlamentarier haben das seit 2004 getan, was den Steuerzahler fast eine Million Franken gekostet hat. Die meisten von ihnen schweigen dazu, nur wenige Namen – etwa jener des 2015 abgewählten SP-Fraktionschefs Andy Tschümperlin – sind bekannt.
Nun sind in einem Jahr wieder Wahlen. Erneut dürften Politiker, die es sich in ihrem Amt gemütlich gemacht haben, vor dem Nichts stehen. Ob die Öffentlichkeit diesen noch unter die Arme greift, ist aber unklar. Denn: Grundsätzlich haben sich beide Räte für die Abschaffung des Privilegs ausgesprochen.
Initiative von der Traktandenliste gestrichen
Verantwortlich dafür ist SVP-Nationalrätin Natalie Rickli, die vor zwei Jahren eine entsprechende Initiative lanciert hatte. Diese Woche ist das Begehren in der zuständigen Kommission traktandiert, um die Umsetzung anzupacken.
Nur: Das Geschäft wird verzögert. Auf Anfrage bestätigt das Sekretariat der Kommission, dass die Initiative von der Traktandenliste gestrichen wurde. Eine erneute Diskussion sei nicht nötig, da die Parlamentsdienste den Politikern konkrete Umsetzungsvorschläge liefern würden. Dem Vernehmen nach dürfte das allerdings erst im Frühling der Fall sein.
Rickli appelliert an die Bürgerlichen
Das ärgert Rickli, die gerade im Nationalrat eine solide Mehrheit hinter sich weiss. «Ich werde natürlich versuchen, Druck zu machen, damit die neue Regelung nicht erst 2023 greift», sagt sie auf Anfrage. Sie hoffe dabei auf die Unterstützung der bürgerlichen Mehrheit.
Diese teilt Ricklis Argumentation, dass die Regelung das Miliz-System torpediere. Denn das öffentlich finanzierte Auffangnetz führe dazu, dass viele Politiker keinen Job mehr ausüben. Die Winterthurerin selbst dürfte kaum in die Situation kommen, auf die Unterstützung angewiesen zu sein – sie wurde jeweils mit Spitzenresultaten gewählt. Gut möglich auch, dass sie im Oktober 20149 gar nicht mehr antritt, weil sie dann bereits im Zürcher Regierungsrat sitzt.