In Haiti greifen Menschen wegen Gangs zur Selbstjustiz
Die Bevölkerung Haitis ist massiver Gewallt ausgesetzt. Es kommt auf offener Strasse zu Lynchmorden. Experten fordern Unterstützung für Behörden.
Das Wichtigste in Kürze
- In Haiti wird zur Selbstjustiz gegen gewalttätige Gangs ergriffen.
- Gleichzeitig befürchten die Menschen, dass die Bürgerwehr die Banden ersetzt.
- Experten fordern die Entsendung internationaler Truppen.
Haiti versinkt in Gewalt. Bürgerwehren töteten und verbrannten in den letzten Wochen Menschen auf offener Strasse. Nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 mit 316'000 Todesopfern verlief der Wiederaufbau des Landes schleppend.
Hungersnot und Armut begleitet das Land seit langem und Krankheiten wie Cholera suchen das Land heim. Im Juli 2021 wurde der Staatspräsident Jovenel Moïse ermordet. Seither hat sich die Lage weiter zugespitzt.
Bevölkerung hat genug von Politikern
Die Bevölkerung greift zur Selbstjustiz, die auch von Polizisten gedeckt werde. Gegenüber SRF sagt Lateinamerika-Korrespondentin Sandra Weiss: «Die Bürger bewaffnen sich und gehen brutalst gegen vermeintliche Bandenmitglieder vor.» Beamte würden vermuten, dass ihre Chefs mit den Gangs unter einer Decke stecken.
«Gerade Jüngere sehen in den Bürgerwehren einen Aufstand der Bevölkerung. Sie haben genug von den Politikern», so Weiss. Es gebe aber auch Ängste, dass Bürgerwehren die Gangs ersetzen. Das sei in Haiti schon öfter der Fall gewesen.
Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk hat Alarm geschlagen. Haiti brauche jetzt Hilfe. Damit bekräftige er den Ruf vieler Experten nach der Entsendung internationaler Truppen in das Land.
Von Januar bis Ende März seien bereits mindestens 846 Menschen durch Gewalt umgekommen. Fast 400 Menschen seien in den ersten drei Monaten entführt worden. Die Menschen hätten ein Recht darauf, dass Polizei und Justiz sie schützten. Die Interimsregierung, die nach der Ermordung des Staatspräsidenten in Kraft trat, bittet darum.