Ist Jeff Bezos Schuld? «Washington Post» verliert 200'000 Leser
Die traditionsreiche «Washington Post» von Jeff Bezos verzichtet dieses Jahr auf eine Wahlempfehlung. Dies kostete die Zeitung 200'000 Leser.
Das Wichtigste in Kürze
- Die «Washington Post» teilte am Freitag mit, dass sie keine Wahlempfehlung abgebe.
- Folgend sollen laut dem Sender NPR mehr als 200'000 Leser gekündigt haben.
- Jeff Bezos, Besitzer der Zeitung, verteidigt nun die Entscheidung.
Donald Trump oder Kamala Harris?
Die «Washington Post» gibt dieses Jahr keine Wahlempfehlung im Schlussspurt des Rennens ums Weisse Haus ab. Mit Folgen: Nach der Entscheidung sollen mehr als 200'000 Leser der traditionsreichen Zeitung ihre Abos gekündigt haben, wie der Sender NPR berichtet.
Auch die «Los Angeles Times» verzichtete auf eine Empfehlung – und verlor nach eigenen Angaben ebenfalls Leser.
Amazon-Gründer Jeff Bezos verteidigt als Besitzer der «Washington Post» den Entscheid. Der Multimilliardär begründet den umstrittenen Schritt in einem Meinungsbeitrag vor allem mit gesunkenem Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit in die Medien.
So begründet Jeff Bezos den Entscheid
Bezos versichert darin, er verfolge bei der «Washington Post» keine persönlichen Interessen. Vielmehr sei es die Realität, dass viele Menschen Medien für parteiisch hielten. «Und wer mit der Realität kämpft, verliert.»
Er werde nicht zulassen, dass die «Washington Post» in der Bedeutungslosigkeit versinke. Oder, dass die Leute sich stattdessen über mangelhaft recherchierte Podcasts und Social-Media-Beiträge informierten.
Ohnehin würden Wahlempfehlungen von Medien niemanden dazu bewegen, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen. Dass die kontroverse Entscheidung in der Schlussphase des Wahlkampfs getroffen wurde, sei aber «mangelhafte Planung» gewesen, räumte er ein.
Die Empfehlung für Harris war bereits geschrieben
Die «Washington Post» hatte am Freitag mitgeteilt, sie werde vor der Präsidentschaftswahl am 5. November weder eine Empfehlung für die Demokratin Kamala Harris noch für ihren republikanischen Konkurrenten Donald Trump aussprechen. Auch bei künftigen Wahlen werde man davon absehen.
Reporter der Zeitung berichteten danach, dass bereits eine Empfehlung für die heutige Vizepräsidentin Harris geschrieben worden sei.
Jeff Bezos habe sich aber gegen eine Veröffentlichung entschieden. Die Journalistenvertretung der «Washington Post» äusserte sich besorgt darüber, dass das Management sich in redaktionelle Angelegenheiten eingemischt zu haben scheine.
Trumps Zorn kann den Firmen von Jeff Bezos schaden
Bezos führt Amazon zwar nicht mehr selbst – sein Vermögen besteht aber zum grossen Teil aus Aktien des weltgrössten Onlinehändlers. Zudem gehört ihm die Weltraumfirma Blue Origin, die auf Staatsaufträge angewiesen ist.
Eine Trump-Regierung könnte seinen Unternehmen das Leben schwer machen. Deshalb wurde Jeff Bezos vorgeworfen, den Verzicht auf eine Wahlempfehlung aus Angst vor finanziellen Einbussen angeordnet zu haben.
Öl ins Feuer der Kritik goss auch ein Treffen von Blue-Origin-Chef Dave Limp mit Trump in Florida. Dies fand nur wenige Stunden nach Bekanntwerden der Entscheidung statt. Er habe davon vorher nicht gewusst, schrieb Bezos nun.
In den 70er-Jahren deckte die «Washington Post» den «Watergate»-Skandal auf. Damit löste sie den Rücktritt von Präsident Richard Nixon aus. Der Amazon-Gründer hatte die Zeitung 2013 gekauft. Bei den darauffolgenden Präsidentschaftswahlen 2016 und 2020 sprach sie den demokratischen Kandidaten Hillary Clinton und Joe Biden ihre Unterstützung aus.