Kongresswahlen in den USA werden die Frauen entscheiden
Das Wichtigste in Kürze
- Für die US-Kongresswahlen werden so viele Frauen mobilisiert wie noch nie.
- Die Demokraten hoffen, mit der Frauen-Power die Republikaner zu schwächen.
Die Kongresswahlen am 6. November zur Amtshalbzeit von Donald Trump werden von den Frauen entschieden – darüber sind sich jedenfalls viele Experten in den USA einig. Die Umfragen verzeichnen einen besonders hohen Mobilisierungsgrad der weiblichen Wählerschaft, auch kandidiert eine Rekordzahl von Frauen. Und unter dem Einfluss der «MeToo»-Bewegung gegen sexuelle Drangsalierung spielen Frauenthemen eine wichtige Rolle im Wahlkampf.
Ein Grossteil der weiblichen Wahldynamik entspringt der Empörung über Trump. Deshalb hoffen die oppositionellen Demokraten, mit geballter Frauen-Power der Republikanischen Partei des Präsidenten zumindest die Mehrheit im Repräsentantenhaus entringen zu können, vielleicht auch die Vorherrschaft im Senat. Unter den Wählerinnen gebe es eine «gewaltige Energie», freut sich bereits die demokratische Senatorin Debbie Stabenow.
Veräppelung von #MeToo
Den weiblichen Zorn facht der Präsident immer wieder selbst an – seinem Ruf als Frauenverächter wird er auch im aktuellen Wahlkampf gerecht. Vor Anhängern hat er zuletzt etwa die «MeToo»-Bewegung veräppelt. Und er äffte die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford nach, die dem jüngst ernannten Verfassungsrichter Brett Kavanaugh versuchte Vergewaltigung vorwirft.
Auch mit seinen pubertären Lästereien über das Aussehen von Frauen macht Trump weiter – die Pornodarstellerin Stormy Daniels, mit der er einst ins Bett gestiegen sein soll, beschimpfte er als «Pferdegesicht».
Wahlentscheidener Faktor
Vor zwei Jahren entfalteten Trumps frauenfeindliche Sprüche und die auch gegen ihn erhobenen Vorwürfe sexueller Übergriffe bemerkenswerterweise auf viele Frauen noch keine abschreckende Wirkung – immerhin 41 Prozent der weiblichen Wählerschaft stimmten für ihn. Seither ist der weibliche Abscheu über Trump jedoch offenkundig massiv gewachsen.
So sagten in einer «CNN»-Umfrage von Anfang Oktober fast zwei Drittel (63 Prozent) der Frauen, sie bevorzugten in ihrem Wahlbezirk den Kandidaten oder die Kandidatin der Demokraten. Besondere Aufmerksamkeit der Demoskopen zieht die Untergruppe der akademisch ausgebildeten weissen Frauen der Mittelschicht auf sich. Diese Frauen gelten als möglicherweise wahlentscheidender Faktor.
Viele Frauen wandten sich von Trump ab
44 Prozent von ihnen hatten vor zwei Jahren Trump gewählt. Doch viele dieser Frauen mit Hochschulbildung haben sich inzwischen offenbar vom Präsidenten und seiner Partei abgewandt. Laut einer Umfrage für die «Washington Post» präferieren in den besonders hart umkämpften Wahlbezirken 62 Prozent von ihnen die Demokraten.
Neben der weitverbreiteten Wut von Frauen auf Trump bezieht die Oppositionspartei ihre Hoffnungen auch daraus, dass sie eine hohe Zahl von Kandidatinnen aufgestellt hat. Eine Rekordzahl von 257 Frauen kandidiert für den Kongress, 198 davon für die Demokraten.
Der weibliche Massenprotest gegen Trump hatte schon am Tag nach seiner Vereidigung im Januar 2017 begonnen, als mehr eine mehr als eine Million Menschen an dem «Frauenmarsch» in Washington und anderen US-Städten teilnahmen. Die damaligen Netzwerke sind weiterhin aktiv und lancieren Proteste und Wahlaufrufe im Vorfeld der Kongresswahlen.
Anti-Trump-Welle?
Barbra Bead, eine Entwicklungshilfe-Expertin aus Washington, engagiert sich in einer Kampagne namens «Call Your Sister» («Ruf Deine Schwester an»). In der Zeit «vor Trump» sei sie «nur eine Wählerin» gewesen, sagt die 37-jährige Anhängerin der Demokraten. Nun telefoniere sie herum und gehe von Tür zu Tür, um Frauen für den Urnengang zu gewinnen.
Die Demokraten setzen auch darauf, dass die von den Republikanern im Senat durchgeboxte Ernennung des obersten Richters Kavanaugh der weiblichen Anti-Trump-Welle zusätzliche Wucht verleiht. Allerdings könnte der erbitterte Streit um den Richter auch konservative und männliche Wähler mobilisieren – darauf hofft Trump.
Er beschreibt Kavanaugh als Opfer einer Rufmordkampagne – und warnendes Beispiel besonders für die jüngere Generation von Männern, wie leicht sie an den Pranger geraten könnten. Es seien «sehr furchterregende Zeiten für junge Männer», beklagte der Präsident.