Vor Präsidentenwahl in Peru: Guerilla tötet 16 Menschen
In zwei Wochen kommt es zum Schlagabtausch der politischen Extreme. In einer Unruheregion richten Guerilleros nun ein Massaker an und drohen den Anhängern der Rechtspopulistin Keiko Fujimori.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwei Wochen vor der Präsidentenwahl haben mutmassliche Rebellen in Zentralperu 16 Menschen getötet.
Unter den Opfern des Massakers in einer Bar im Dorf San Miguel del Ene in einer von Drogenanbau geprägten Unruheregion seien auch zwei Kinder, teilte das Verteidigungsministerium des südamerikanischen Landes in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) mit. Die Leichen der Minderjährigen und vier weiterer Opfer seien verbrannt worden.
Hinter dem Angriff steckt nach Einschätzung des Militärs die Guerillaorganisation Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad). In einem am Tatort zurückgelassenen Bekennerschreiben riefen die Täter dazu auf, bei der Präsidentenwahl am 6. Juni nicht für die Rechtspopulistin Keiko Fujimori zu stimmen.
Trotz des Blutbads versprach Verteidigungsministerin Nuria Esparch sichere Wahlen. «Seid versichert: Die nächste Wahl wird sicher ablaufen», sagte sie dem Radiosender Exitosa. Präsidentschaftskandidatin Fujimori verurteilte das Massaker. «Ich bedauere, dass es in unserem Land wieder zu blutigen Gewalttaten kommt. Die Terrorgruppen wollen uns lähmen und Angst säen - das werden wir nicht zulassen», sagte sie. «Ich spreche den Familien der Opfer mein Beileid aus und unterstütze die Polizei und die Streitkräfte. Wir müssen unser Vaterland verteidigen und am 6. Juni zur Wahl gehen.»
Bei der Stichwahl in zwei Wochen kommt es in dem südamerikanischen Land zu einem Schlagabtausch der politischen Extreme: Die Tochter des autoritären Ex-Präsidenten Alberto Fujimori (1990-2000) tritt gegen den Sozialisten Pedro Castillo an. Der ehemalige Lehrer von der marxistisch-leninistischen Partei Perú Libre will im Fall eines Wahlsiegs einen sozialistischen Staat aufbauen, die Medien stärker kontrollieren und das Verfassungsgericht abschaffen.
Fujimori warb im Wahlkampf für ein politisches System, das demokratische Modelle mit einer Politik der harten Hand vereint. Ihr Vater Alberto Fujimori verbüsst wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen eine 25-jährige Haftstrafe. In seiner Amtszeit liess er im Kampf gegen den Leuchtenden Pfad seine Sicherheitskräfte rigoros gegen linke und angeblich subversive Kräfte vorgehen, das Parlament wurde entmachtet. Zudem wurden Zehntausende indigene Frauen zwangssterilisiert. Im Fall eines Wahlsiegs will Keiko Fujimori ihren Vater begnadigen.
Übergangspräsident Francisco Sagasti verurteilte die Bluttat. «Ich habe einen Einsatz der Streitkräfte und der Polizei in der Region angeordnet. Dieser Terrorakt darf nicht ungesühnt bleiben», schrieb der Staatschef auf Twitter. «Im Namen der Übergangsregierung versichere ich den Familien der Opfer mein Beileid.»
Die Tat ereignete sich in den Tälern der Flüsse Apurímac, Ene und Mantaro (Vraem). In der Region ist der Leuchtende Pfad sehr aktiv, staatliche Institutionen sind hingegen nur schwach vertreten. Das Gebiet ist ein wichtiges Anbaugebiet für die Koka-Pflanze. Neben Kolumbien und Bolivien ist Peru der grösste Kokain-Produzent der Welt.
«Es gibt viele Gründe, warum die Überreste des Leuchtenden Pfades in der Vraem bleiben. Es ist ein Krebsgeschwür, das die Gesellschaft auffrisst», sagte Verteidigungsministerin Esparch. «Wir haben einen langfristigen Aktionsplan aufgelegt, um dem ein Ende zu setzen. Die guten Peruaner werden siegen.»
Bei Auseinandersetzungen zwischen dem Leuchtenden Pfad und staatlichen Sicherheitskräften waren zwischen 1980 und 2000 fast 70 000 Menschen gestorben. Im Gegensatz zu vielen anderen Bürgerkriegen in der Region war in Peru die Guerilla für einen Grossteil der Toten verantwortlich. Heute widmen sich die verbliebenen Einheiten des Leuchtenden Pfads vor allem dem Drogenhandel.