Netanjahu kommt nach Berlin: Proteste und Sicherheitsstufe 1
Der Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu in Berlin erfordert hohe Sicherheitsvorkehrungen. Zahlreiche Proteste sind angekündigt – diese richten sich vor allem gegen die geplante Justizreform.
Das Wichtigste in Kürze
- Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu besucht Berlin - und in der Hauptstadt gilt wie üblich die höchste Sicherheitsstufe.
Für die Berliner Polizei bedeutet der knapp dreitägige Aufenthalt des israelischen Regierungschefs eine besondere Herausforderung und einen Grosseinsatz. Für mehrere Orte kündigte die Polizei von Mittwoch bis Freitag umfangreiche Strassensperrungen und Absperrungen an.
Das gilt besonders für den Bereich rund um das Hotel Waldorf Astoria nahe der Haupteinkaufsstrasse Ku'damm, für das Bundeskanzleramt und das Schloss Bellevue, wo Netanjahu Kanzler Olaf Scholz (SPD) beziehungsweise Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trifft. Auch das Holocaust-Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Wannsee, das Netanjahu besucht, wird weiträumig abgesperrt. «Innerhalb der eingeladenen Delegation befinden sich Gäste, die einer sehr deutlich erhöhten Gefährdung unterliegen», hiess es von der Polizei.
Tausende Polizisten im Einsatz
Der Besuch des israelischen Ministerpräsidenten wird von einem Grosseinsatz der Polizei begleitet. Laut einer Mitteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind von Mittwoch bis Freitagmorgen insgesamt weit mehr als 3000 Polizisten im Einsatz. Die genaue Zahl steht zurzeit noch nicht fest, könnte aber auch die Grössenordnung von 4000 Einsatzkräften erreichen. Alle 16 Einsatzhundertschaften der Berliner Polizei sowie die 5 zusätzlichen sogenannten Alarmhundertschaften seien eingeplant, teilte die GdP mit. Mehr als 20 weitere Hundertschaften habe die Polizei aus anderen Bundesländern zur Unterstützung erbeten.
Mehrere Protestdemonstrationen sind bereits angekündigt. Die grösste Kundgebung ist mit 1000 Teilnehmern um 15.00 Uhr am Brandenburger Tor angemeldet, wie die Polizei mitteilte.
Zuvor soll es um 10.00 Uhr eine Demonstration mit 100 Teilnehmern an der Willy-Brandt-Strasse im Regierungsviertel geben und um 13.00 eine «Demonstration gegen die Besatzung durch die israelische Regierung» auf dem Platz der Republik am Reichstagsgebäude.
Die Proteste richten sich unter anderem gegen die von Netanjahus rechts-religiöser Regierung geplante Justizreform. In Israel gibt es derzeit regelmässig Grossdemonstrationen gegen die Reform. Dem israelischen Parlament soll es ermöglicht werden, Entscheidungen des höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung in Gefahr.
Israelische Künstler fordern Absage
In einem Schreiben an die Botschaft Deutschlands und Grossbritanniens forderten rund 1000 israelische Künstler, Schriftsteller und Akademiker die Absage der anstehenden Besuche von Netanjahu. Die israelische Zeitung «Haaretz» berichtete, zur Begründung hätten sie geschrieben, Israel befinde sich in der schwersten Krise seiner Geschichte und «auf dem Weg von einer lebendigen Demokratie zu einer theokratischen Diktatur». Zu den Unterzeichnern gehören auch der Schriftsteller David Grossman und die Bildhauerin Sigalit Landau.
Bei den Gesprächen mit Regierungschef Netanjahu soll es laut Bundesregierung um die Zusammenarbeit beider Staaten sowie internationale und regionale Sicherheitsfragen gehen.