Netanjahu über Gegendemonstranten: Irans nützliche Idioten
Benjamin Netanjahu kritisiert Pro-Palästina-Demonstranten als «Nützliche Idioten des Irans». Sie hätten keine Ahnung, wovon sie sprächen.
Das Wichtigste in Kürze
- Benjamin Netanjahu kritisiert bei seiner Rede im US-Kongress die Demonstranten.
- Sie seien nützliche Idioten des Irans und hätten keine Ahnung, wovon sie sprächen.
- Rund um das Kapitol gab es Proteste, Netanjahu wurde Völkermord vorgeworfen.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat sich verächtlich gemacht über die Proteste gegen die israelische Kriegsführung gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen. Die Demonstranten stünden auf der Seite des Bösen. «Sie stehen auf der Seite der Hamas, sie stehen auf der Seite von Vergewaltigern und Mördern.» Dies sagte Netanjahu in einer Ansprache vor beiden Kammern des US-Kongresses in Washington.
Direkt an Demonstranten gerichtet, die während seiner Ansprache in der Nähe des Parlamentsgebäudes protestierten, schimpfte Netanjahu mit Blick auf die Verbindungen zwischen der Hamas und dem Iran: «Ihr seid offiziell zu nützlichen Idioten des Iran geworden.»
Der israelische Ministerpräsident kritisierte, viele Demonstranten hätten nicht die geringste Ahnung, wovon sie sprächen. «Einige dieser Demonstranten halten Schilder hoch, auf denen ‹Schwule für Gaza› steht.» Sie könnten genauso gut Schilder hochhalten, auf denen stehe: «Hühner für KFC», also für Kentucky Fried Chicken, spottete er.
Vor Netanjahus Rede im amerikanischen Parlament hatten sich zahlreiche Demonstranten rund um das Parlamentsgebäude in Washington versammelt. Bei einer propalästinensischen Kundgebung forderten Rednerinnen und Redner die US-Regierung von Joe Biden unter anderem dazu auf, die militärische Hilfe für Israel komplett einzustellen.
Sie warfen Israel einen «Genozid» im Gazastreifen vor und beschuldigten Biden, seine Stellvertreterin Kamala Harris und die Spitzen im US-Parlament, sich daran zu beteiligen. Es wurden zahlreiche Palästina-Flaggen gezeigt.
Netanjahu weist Verantwortung für Not zurück
In seiner Rede wies Netanjahu die eigene Verantwortung für die humanitäre Not der Menschen im Gazastreifen vehement zurück. «Wenn es Palästinenser im Gazastreifen gibt, die nicht genug Nahrung bekommen, dann nicht, weil Israel sie blockiert. Es liegt daran, dass die Hamas sie stiehlt», sagte Netanjahu.
Israel habe viel getan, um palästinensische Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen und zu schützen. Die Hamas hingegen tue alles, was in ihrer Macht stehe, um die Zivilisten in dem abgeriegelten Küstenstreifen in Gefahr zu bringen.
Auch die Vorwürfe, Israel ziele absichtlich auf Zivilisten, wies er zurück: «Die israelische Armee hat Millionen von Flugblättern abgeworfen, Millionen von SMS, Hunderttausende Telefongespräche geführt, um Schaden an palästinensischen Zivilisten zu verhindern», sagte Netanjahu.
Netanjahu: Israel zielt nicht auf Zivilisten in Gaza ab
Gleichzeitig habe die islamistische Palästinenserorganisation Hamas «alles in ihrer Macht Stehende getan, um palästinensische Zivilisten in Gefahr zu bringen». Sie hätten etwa Raketen aus Schulen, Krankenhäusern und Moscheen abgefeuert. Er warf der Hamas vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. «Was für eine monströse Bosheit. Für Israel ist jeder Tod eines Zivilisten eine Tragödie – für die Hamas ist es eine Strategie.»
Er sagte zudem, im Gaza-Krieg habe es verhältnismässig wenig zivile Opfer gegeben, im Vergleich zu Kriegen in Wohngebieten in anderen Ländern. Besonders niedrig seien zivile Verluste in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifen gewesen. Dies widerspricht den Zahlen des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums. Diese unterscheiden allerdings nicht zwischen getöteten Zivilisten und Kombattanten.
Vision für den «Tag danach» in Gaza und den Nahen Osten
Der israelische Regierungschef bekräftigte, der Krieg werde mit einem Sieg über die Hamas enden. Seine Vision für den Tag danach sei «ein entmilitarisiertes, entradikalisiertes Gaza». Israel wolle den Gazastreifen nicht wiederbesiedeln, müsse dort aber auf absehbare Zeit die Sicherheitskontrolle bewahren. Er sprach von einer zivilen Verwaltung durch «Palästinenser, die Israel nicht zerstören wollen».
Für den Nahen Osten sprach Netanjahu von einem Sicherheitsbündnis von Israel und den USA gegen den Iran. «Alle Länder, die mit Israel in Frieden leben, und all jene Länder, die Frieden mit Israel schliessen werden, sollten eingeladen werden, sich diesem Bündnis anzuschliessen.»
Applaus von Republikanern, Proteste von Demokraten
Netanjahu wurde mit viel Applaus empfangen, vor allem aus den Reihen der Republikaner. Etliche Demokraten boykottierten seine Rede. Eine von ihnen, die Abgeordnete Ilhan Omar, erklärte, es sei «unmoralisch und grausam» gegenüber den vielen Kriegsopfern, Netanjahu eine Bühne zu bieten. Sie bezeichnete ihn als «Kriegsverbrecher», der «Völkermord» an den Palästinensern begehe.
Entgegen den Hoffnungen von Angehörigen der 120 noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln verkündete Netanjahu keine Vereinbarung über eine Waffenruhe im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln.
Die für Donnerstag angekündigte Reise einer israelischen Delegation nach Katar zu indirekten Verhandlungen mit der islamistischen Hamas verschiebt sich ausserdem weiter. Sie werde nun erste kommende Woche erwartet, bestätigte eine israelische Repräsentantin. Das genaue Datum sei noch unklar.
Hamas: Rede von Netanjahu voller Lügen
Nach der Rede meldet sich die Hamas und wirft Netanjahu Lügen und Verdrehung von Tatsachen vor: «Netanjahus Gerede über verstärkte Bemühungen um die Rückkehr der Geiseln ist eine glatte Lüge und führt die israelische, amerikanische und internationale Öffentlichkeit in die Irre», heisst es in einer Stellungnahme der Hamas.
Netanjahu sei derjenige, «der alle Bemühungen zur Beendigung des Krieges und zum Abschluss eines Abkommens» über die Freilassung der Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen vereitelt habe, teilte die Hamas weiter mit. Und das trotz der Bemühungen der Vermittler und der «Flexibilität», die die Hamas bei den Verhandlungen gezeigt habe. Man mache Netanjahu für die Folgen dieser Situation und für das Schicksal der Geiseln im Gazastreifen verantwortlich, hiess es.