Taliban

Siegeszug der Taliban: Biden und Trump schieben sich Schuld zu

Simon Binz
Simon Binz

USA,

Afghanistan ist faktisch in den Händen der Taliban. In den USA schieben sich Joe Biden und sein Vorgänger Donald Trump währenddessen gegenseitig die Schuld zu.

Afghanistan Taliban
Afghanistan in den Händen der Taliban: Donald Trump und Joe Biden schieben sich gegenseitig die Schuld zu. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Taliban haben die Kontrolle über Afghanistan übernommen und die Amerikaner überrascht.
  • Präsident Biden und sein Vorgänger Trump schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
  • Trump fordert Biden in einer Mitteilung gar dazu auf, «in Schande zurücktreten».

Die Taliban hatten in den vergangenen knapp eineinhalb Wochen fast alle Provinzhauptstädte in Afghanistan eingenommen. Viele waren kampflos an sie gefallen. Am Samstagabend (Ortszeit) kamen Masar-i-Scharif im Norden und am Sonntagmorgen Dschalalabad im Osten hinzu. Einzig die Hauptstadt Kabul war noch unter Kontrolle der Regierung

Bereits umzingelt von den Islamisten war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits klar: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese letzte Bastion fallen wird. Schliesslich war es eine Frage von Stunden... Gegen Sonntagabend flüchtete Präsident Aschraf Ghani ins Exil, die Taliban rückten in die Millionenmetropole ein, besetzten den Präsidentenpalast und ein Sprecher erklärte den Krieg in Afghanistan als «beendet».

Mit unglaublichem Tempo haben die Taliban die Kontrolle über Afghanistan übernommen. Es war ein regelrechter Siegeszug und hat auch die Amerikaner unvorbereitet getroffen. Das unterstreichen zusammengeschnittene Videos, mit denen US-Medien zuletzt die Afghanistan-Politik Washingtons anprangerten. Zu sehen sind aktuelle Bilder, die den Einzug der Taliban in die Provinzhauptstädte zeigen – und Joe Biden, der noch vor einigen Wochen sagte: «Dass die Taliban alles überrennen und das ganze Land kontrollieren werden, ist extrem unwahrscheinlich.»

Trump: «Biden sollte in Schande zurücktreten»

20 Jahre lang waren die USA in Afghanistan, drei Billionen US-Dollar wurden ausgegeben, 2500 US-Soldaten verloren ihr Leben. Den internationalen Truppen-Abzug leitete der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Februar 2020 ein, als er ein Abkommen mit den Taliban schloss. Biden machte diese Entscheidung nicht rückgängig und setzte den 11. September 2021 als Datum für den Abschluss des Abzugs fest.

Nun schieben sich die beiden Politiker die Schuld für das neue Kriegstrauma zu. Biden habe ein «tragisches Chaos» verursacht, schrieb Trump am Freitag in einer Erklärung und fügte in Grossbuchstaben hinzu: «Vermisst ihr mich schon?» Am Samstag, als sich der Fall Kabuls abzeichnete, doppelte er nach: «Was Joe Biden mit Afghanistan gemacht hat, ist legendär. Es wird als eine der grössten Niederlagen in die amerikanische Geschichte eingehen.»

Donald Trump Afghanistan Taliban
Donald Trump leitete mit einem Deal mit den Taliban den US-Truppenabzug ein – für das jetzige Chaos in Afghanistan macht er seinen Nachfolger Joe Biden verantwortlich. - Keystone

Joe Biden irre sich in der Aussenpolitik jedes Mal und bei vielen anderen Themen auch. «Jeder wusste, dass der dem Druck nicht gewachsen war», so Trump und fügte hinzu, dass seine Regierung Biden einen Abzugsplan hinterlassen habe. Der Abzug hätte flexibel und stufenweise erfolgen sollen, schreibt der Republikaner und fordert von Biden, er solle «in Schande zurücktreten».

Biden: «Habe einen Deal von meinem Vorgänger geerbt»

Biden selbst liess bislang keine Reue für seine Abzugsentscheidung erkennen und versuchte in einer Mitteilung von Samstag den ehemaligen Präsidenten für die sich abzeichnende Katastrophe in Afghanistan verantwortlich zu machen. «Als ich ins Amt kam, erbte ich einen Deal, der von meinem Vorgänger mit den Taliban geschlossen wurde. Dieser Deal hat die Taliban in der stärksten militärischen Position seit 2001 belassen und den 11. Mai 2021 als Frist für den US-Truppenabzug festgelegt», schrieb der aktuelle US-Präsident.

Joe Biden Afghanistan
Dieses Bild geht um die Welt: US-Präsident Joe Biden alleine in einem Büro, bei einer Telefonkonferenz mit seinem Sicherheitsstab und Generälen. - dpa

Als er das Präsidentenamt übernommen habe, sei er vor einer Wahl gestanden: «Das Abkommen mit einer kurzen Verlängerung durchzusetzen, um unsere Streitkräfte und die Streitkräfte unserer Verbündeten sicher herauszubringen, oder unsere Präsenz zu verstärken und mehr amerikanische Truppen zu entsenden, um erneut in einen Bürgerkrieg eines anderen Landes zu ziehen.» Biden erinnerte ebenfalls daran, dass Trump kurz vor Amtsende die US-Streitkräfte in Afghanistan auf ein Minimum von 2500 Mann reduzierte.

Auch US-Aussenminister Tony Blinken warf Trump vor, die Regierung zu einem «vollständigen Rückzug bis Mai» gezwungen zu haben. «Ob es ihnen gefällt oder nicht, es gab eine Vereinbarung, dass die Streitkräfte am 1. Mai aus Afghanistan abgezogen werden», sagte Blinken am Sonntagmorgen gegenüber «CNN».

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