Historischer Crash: US-Ölpreis gerät erstmals ins Minus
Die Welt schwimmt bereits in billigem Öl, und die Pandemie lässt die Nachfrage weiter einbrechen. Jetzt mussten Verkäufer Abnehmern bezahlen, um Öl loszuwerden.
Das Wichtigste in Kürze
- Momentan schwimmt die Welt in Erdöl, dessen Preis ins Negative gefallen ist.
- Dies kommt zu einen höchst ungünstigen Zeitpunkt für US-Präsident Donald Trump.
Die Corona-Krise hat einen beispiellosen Kollaps am Ölmarkt herbeigeführt. Zum Wochenbeginn geriet erstmals ein Terminkontrakt für US-Rohöl ins Minus - das bedeutet, dass Käufer bei Abnahme Geld sogar erhalten. Eine globale Ölschwemme, ein drohender Lagermangel und die Furcht vor einer tiefen Rezession sorgten für den historischen Preisverfall. Für US-Produzenten und Präsident Donald Trump kommt der Crash höchst ungelegen.
Das gab es seit Beginn des Futures-Handels im Jahr 1983 noch nie: Der Preis des Terminkontrakts für US-Rohöl stürzte am Montag auf minus 37,63 Dollar pro Barrel (159 Liter) ab. Am Freitag hatte der Schlusskurs zum Vergleich noch bei plus 18,27 Dollar gelegen. Wer einen leeren Swimmingpool habe, könne nun eine Verwendung dafür finden, kommentierte der US-Finanzsender CNBC.
US-Wirtschaft leidet unter Ölpreis
Der Ausnahmezustand am Ölmarkt zeigt einerseits, wie stark Angebot und Nachfrage derzeit auseinanderklaffen. Die Corona-Pandemie legt die schon in Öl schwimmende US-Wirtschaft lahm - der Bedarf an Öl sinkt dadurch kräftig. Andererseits handelt es sich auch um ein spezielles Phänomen, bedingt durch den am Dienstag verfallenden Terminkontrakt auf US-Öl. Doch eine Verwendung für Erdöl in den USA zu finden ist momentan schwierig.
Selbst abgebrühte Finanzprofis zeigten sich angesichts der extremen Marktsituation am Montag perplex. «Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, an dem Öl so niedrig handelt», erklärte Analyst Neil Wilson. Die derzeitige Nachfrageschwäche habe zu einer «permanenten Abneigung» geführt, kurzfristig Öl zu halten, meinte Analyst Edward Moya vom Broker Oanda. Das Hauptproblem ist, dass die Öllager in den USA überzulaufen drohen.
Ungünstig für US-Präsident Donald Trump?
Die Situation ist bereits prekär, denn seit Ende Februar sind die Lagerbestände im Auslieferungsort Cushing um fast 50 Prozent gestiegen. Laut Experte Moya reflektiert der Preiskollaps, dass Händler sich nun weiter in die Zukunft orientieren müssen. Das zeigt sich auch am nachfolgenden Kontrakt, der eine Lieferung im Juni vorsieht.
Dieser rutschte am Montag zwar auch stark ab, schloss aber mit 20,43 Dollar wesentlich höher als der Mai-Kontrakt. Die Nordseesorte Brent wird bislang noch deutlich höher gehandelt.
Der Ölmarkt hält Anleger nicht erst seit Wochenbeginn in Atem. Die Preise sind schon länger auf Talfahrt, obwohl sich Erdölproduzenten wie Russland und Saudi-Arabien auf Förderkürzungen geeinigt hatten. Dass die Länder ihren Preiskrieg beendeten, hatte sich vor allem US-Präsident Trump auf die Fahne geschrieben. Vor gut einer Woche twitterte er noch vom «grossen Öl-Deal», der «Hunderttausende Energie-Jobs in den Vereinigten Staaten retten» werde.
Fracking stellt Erdöl in dem Schatten
Angesichts der befürchteten Rezession hatten Experten von Anfang an Zweifel, ob die Förderkürzungen ausreichen, um den Ölmarkt zu stabilisieren. Für die USA ist die Lage besonders kritisch. War die weltgrösste Volkswirtschaft traditionell an billigem Öl interessiert, ist sie seit dem Fracking-Boom auf die eigene Förderindustrie angewiesen. Präsident Trump ist unter Druck - viele Unternehmen der Branche stehen mit dem Rücken zur Wand.
Aus der Not will Trump jetzt eine Tugend machen, indem die US-Regierung die Situation nutzt, um ihre strategischen Reserven aufzufüllen. Es sei geplant, bis zu 75 Millionen Fässer Rohöl zu kaufen, sagte der US-Präsident im Weissen Haus. Er werde den Kongress um die nötigen Mittel bitten, damit sich die Regierung den «Niedrigpreis-Rekord» am Ölmarkt zunutze machen könne. «Es ist eine tolle Zeit, Öl zu kaufen», sagte Trump.