Corona-Impfstoff: Johnson & Johnson verschiebt Europa-Start

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USA,

Ein neuer Rückschlag bei den Impfungen gegen Corona droht. Wie beim Impfstoff von Astrazeneca wurden auch beim Vakzin von Johnson & Johnson spezielle Thrombosen erfasst. Wie geht es nun weiter?

US-Behörden haben eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson empfohlen. Foto: Jessica Hill/FR125654 AP/dpa
US-Behörden haben eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson empfohlen. Foto: Jessica Hill/FR125654 AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson verzögert den Marktstart seines Impfstoffs in Europa.

Das teilte der Konzern am Dienstag mit - nur einen Tag nachdem mit der Auslieferung begonnen worden war.

Man habe Berichte über Sinusvenenthrombosen erhalten und sich für die Verzögerung entschieden, hiess es. Der Konzern arbeite nun mit Experten und den Gesundheitsbehörden an der Untersuchung der Fälle. Am Dienstagabend (Ortszeit) teilte der Konzern zudem mit, dass auch alle derzeit laufenden Studien mit Impfungen mit dem Wirkstoff vorübergehend ausgesetzt würden.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte bereits eine Untersuchung einiger Fälle von Thrombosen nach einer Impfung mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson eingeleitet. Ein Zusammenhang zwischen den sehr seltenen Fällen und der Impfung konnte noch nicht festgestellt werden, teilte die EMA am Dienstag in Amsterdam auf dpa-Anfrage mit. Die Untersuchung sei noch nicht abgeschlossen.

Bisher waren der Behörde vier Fälle mitgeteilt worden. Drei davon waren in den USA aufgetreten, einer davon verlief tödlich. Der vierte Fall betraf eine Person bei einem klinischen Test. Vom für Deutschland zuständigen Paul-Ehrlich-Institut gab es zunächst keine Einschätzung der neuen Situation. Informationen würden so bald wie möglich zur Verfügung gestellt, hiess es am Dienstag.

Zuvor hatten die Behörden in den USA eine vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson empfohlen, nachdem bei sechs Menschen im Land nach der Impfung Sinusvenenthrombosen diagnostiziert worden waren. Die vorübergehende Aussetzung sei aus einem «Übermass an Vorsicht» empfohlen worden und werde voraussichtlich nur einige Tage aufrechterhalten, teilten die Gesundheitsbehörde CDC und die Arzneimittelbehörde FDA am Dienstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit.

In der EU war der Impfstoff von Johnson & Johnson am 11. März zugelassen worden. Am Montag hatte Johnson & Johnson mit der Lieferung in die EU-Staaten begonnen. Die Brüsseler Behörde erwartet bis Ende Juni 55 Millionen Dosen des Impfstoffs. Gut 10 Millionen Dosen sollen nach Deutschland gehen.

Erst im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers Astrazeneca vorübergehend ausgesetzt, nachdem das Paul-Ehrlich-Institut ein entsprechendes Vorgehen empfohlen hatte. Auch andere europäische Länder stoppten die Impfungen zeitweise. Hintergrund war ebenfalls eine auffällige Häufung von Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) nach Impfungen mit dem Präparat. Inzwischen wird der Einsatz von Astrazeneca hierzulande nur bei Menschen ab 60 Jahren empfohlen.

Wieso es bei einigen Geimpften zu der schweren Nebenwirkung kommt, ist bislang unklar. Der Greifswalder Forscher Andreas Greinacher macht das Auftreten bestimmter Antikörper für die Thrombosen verantwortlich. Es sei denkbar, dass die Betroffenen etwas in ihrem Körper hätten, was sie dafür anfällig mache, diese speziellen Antikörper zu produzieren. Was das sei, sei noch unklar, erklärte er kürzlich.

Die Impfstoffe von Johnson & Johnson und von Astrazeneca sind sogenannte vektorbasierte Impfstoffe. Sie nutzen ein harmloses Virus, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Mit Hilfe dieser Informationen wird im Körper des Geimpften ein Viruseiweiss gebildet, genauer gesagt das Spike-Protein auf der Oberfläche des Coronavirus.

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, hatte kürzlich auf Twitter die Vermutung geäussert, dass die Adenoviren, die in beiden Impfstoffen eingesetzt werden, die Nebenwirkungen verursachen.

In den USA sagte die amtierende FDA-Chefin Janet Woodcock am Dienstag, die Fälle müssten nun erst einmal «komplett verstanden» und die Mitarbeiter des Gesundheitssystems entsprechend informiert werden. «Wir erwarten, dass diese Pause einige Tage dauern wird.» Man sei dabei auch in «ständigem Austausch» mit den zuständigen Behörden in Europa und weltweit. Für Mittwoch wurde eine Notfallsitzung eines Beratergremiums der CDC angesetzt.

Zahlreiche Bundesstaaten sowie unter anderem Apotheken-Ketten kündigten an, der Empfehlung von CDC und FDA folgen zu wollen. Bereits ausgemachte Impftermine sollen verschoben oder wenn möglich mit den beiden anderen derzeit im Einsatz befindlichen Impfstoffen in den USA - dem des US-Unternehmens Moderna und dem des US-Konzerns Pfizer und seines deutschen Partners Biontech - durchgeführt werden. Bei diesen beiden Impfstoffen seien bislang keine vergleichbaren Vorfälle gemeldet worden, hiess es von FDA und CDC.

Die Aussetzung werde «keine bedeutenden Auswirkungen» auf die US-Impfkampagne haben, teilte das Weisse Haus mit. Die USA hätten allein durch die vereinbarten Lieferungen mit den Herstellern Moderna und Biontech/Pfizer genügend Impfstoff für 300 Millionen Menschen, erklärte US-Präsident Joe Bidens Corona-Koordinator Jeff Zients. Die USA könnten daher weiter pro Tag rund drei Millionen Menschen impfen.

Von dem Ende Februar von der FDA zugelassenen Impfstoff von Johnson & Johnson, von dem es nur eine Dosis braucht, wurden bislang mehr als 6,8 Millionen Dosen gespritzt. Bei sechs Frauen zwischen 18 und 48 Jahren war es den Behörden zufolge zwischen 6 und 13 Tagen nach dieser Impfung zu Sinusvenenthrombosen gekommen. In drei Fällen sei zusätzlich eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden. Eine Frau sei gestorben, eine befinde sich in kritischem Zustand, teilten FDA und CDC mit. Insgesamt scheine es aber so, als ob diese Fälle «sehr selten» seien.

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